Zwischen Ranten und Laßnitz

Hand und Hut des Urgroßvaters

Es war nicht der mit alten Fotos überquellende Schuhkarton, der mich auf die Idee brachte, etwas tiefer in die Familiengeschichte abzutauchen. Drei, vier ältere Schriftstücke und die kleine Sammlung an Dokumenten, die mein oberbayerischer Großvater zusammengetragen hatte, waren der Auslöser für meine Suche nach den steirischen Ahnen.

Dokumente helfen zuverlässig, gut und schnell bei der Suche

Ich habe erst gar nicht auf Dachböden und in Kellern nach den Spuren der Familie suchen müssen, der Zufall spielte mir eine Internetseite mehr auf den Bildschirm als in die Hände. Das macht das ganze Vorhaben sehr einfach, dachte ich leichtfertig. Das Interesse an der eigenen Vergangenheit und an den Vorfahren war geweckt. – Aber: Die Suche nach Verwandten kam schnell an einen Punkt, an dem ich den Überblick verlor.

Schnell bekam ich wieder ein Auge für die deutsche Schrift. Vor allem, wenn sie sich so schön wie hier lesen lässt

Das Ordnungssystem der Ahnen-Nummerierung nach Kekulé (Anm.: Stephan Kekulé von Stradonitz) nutze ich nicht. Mir war und ist mehr an den Lebensumständen, den Örtlichkeiten und familiären Verhältnissen gelegen, als dass ich in Erfahrung bringen möchte, wer wann wen heiratete und wie viele Kinder, Enkel, Nichten und Neffen jenseits der eigentlichen Familienlinie existier(t)en.

Bei meiner Suche in den Kirchen- und Familienbüchern stoße ich immer wieder auf meinen Familiennamen, der auch von nicht mit mir verwandten Menschen getragen wird. Gut, irgendwie kann irgendwo eine wechselseitige Verbindung bestehen, aber wenn diese nicht offensichtlich im näheren Umfeld entdeckt werden kann, sollte man die Vorfahren, so ist es meine Meinung, auch weiterhin in Ruhe ruhen lassen und keine Verwandtschaften „um 1000 Ecken“ ergründen wollen.

Handschriftliche Notizen sind unerlässlich

Viel interessanter ist es, Lebensläufe zu beleuchten, auch wenn diese nicht in den eigenen Familienrahmen gehören. Aber wenn sie sich als faszinierend und immer wieder auch sehr bewegend darstellen? Ich spreche hier (achtungsvoll und mit respektvoller Anteilnahme) von Schicksalen, die seinerzeit für Trauer und Entsetzen gesorgt haben müssen: Ein 38jähriger Mann ertrinkt nach einem Sturz in den Fluss, ein 12 jähriges Kind wird (versehentlich) erschossen, ein Mann stürzt vom Gerüst und verstirbt an den Folgen, ein 73jähriger Mann verstirbt während des Besuchs eines Gasthofes, andere Frauen, Männer und Kinder versterben an Protein- und Vitaminmangel, Säuglinge an allgemeiner Lebensschwäche.

Und die einst üblichen Berufsbezeichnungen erinnern an Handwerker und Berufe, die es heute so nicht mehr gibt: Sensenarbeiter, Balier, Comptoirist, Faktor, Häusler, Konfektionär usw.

Der Schuster. Emblem aus dem Heimatmuseum Wiefelstede

Wenn dann allerdings der Augenblick eintritt, wenn Handschriften und Texte aus den (ur-)alten Büchern und Dokumenten wie von Geisterhand geschrieben auf einer eigentlich hellen, weißen Wand plötzlich vor „meinem geistigen Auge“ sicht- und lesbar werden, spätestens dann ist es an der Zeit und zwingend notwendig, eine große Pause einzulegen.

Bayerischer Dreisatz. Erst machen wir einmal nichts, dann müssen wir mal schauen und dann werden wir schon sehen.

Und jetzt fallen mir beim Bayerischen Dreisatz schon wieder die Geschichten von der Sigrizalm und der Ochsenhütte bei Maienstein ein … „na, dann wean ma scho seng!“