Zwischen Kirschlorbeerhecken

… haben wir mit unserem Big B. noch nicht gestanden. Wo kann man diese Erfahrung besser machen als in … Na, wo wohl?

06.15 Uhr im Emstal. Noch einmal umdrehen und das lange Wochenende genießen, wäre eine Möglichkeit, den Tag zu beginnen. Die Alternative dazu bietet mir das Paar bernsteinfarbener Augen, das mich durch die Bettdecke hypnotisiert und mir unmissverständlich sagt: „Aufstehen!“

Die „Piste“ der Brinkstraße zwischen Ems und Dortmund-Ems-Kanal. Hier demonstrieren „Gladiatoren der Landstraße“ hin und wieder ihr fahrerisches … Unvermögen

Schlaftrunken taumele ich dem Frollein hinterher. An diesem noch jungen und ebenso frischen Morgen fällt es mir schwer, „die Spur zu halten“, denn Luna treibt es, mich im Schlepptau, an die Ems. Klar, wohin sonst? Schließlich ist es ja auch schon wieder eine halbe Ewigkeit her, dass wir hier waren. – Es sind mindestens zwei Wochen vergangen.

„Na, seid ihr auch alle da?“ – Ich habe keine Chance. Am Ende der Leine stolpere ich hinter der suchenden und „begrüßungsfreudigen“ Kleinen Münsterländerin durch das Emstal. Der Mäusebussard dreht seine Runden, die Stockenten stoben aus der Uferböschung, ein Grünspecht verspottet mich mit seinem lachenden Gesang, die Nutria taucht im Seitenarm der Ems ab und scheint sich so ihre Gedanken über dieses zügellose Duo zu machen. Ich glaube, ein niederträchtig-höhnisches Gelächter aus ihrer Richtung zu vernehmen.

Nicht seltsam, aber sehr kühl im Nebel zu wandern

An der Badestelle erwarten uns zwei Austernfischern. Sie scheinen meine Fotos der Teichmuscheln, die ich bei unserem letzten Besuch machte, im Internet gefunden zu haben. Drei Nilgänse zählen ebenso zu den Neuankömmlingen im Zweistromland zwischen Ems und Dortmund-Ems-Kanal.

Inzwischen bin ich wach und habe souverän die Führung übernommen. Wir nähern und der Schleuse in Düthe und kehren zurück zum Emstal Camping. Auf der Brinkstraße kommt uns gegen 07.00 Uhr die „Quotenraserin“ entgegen. Mit ihrem kleinen italienischen 500er Matchbox-Auto schlägt sie in allerletzter Sekunde einen Haken um das Frollein und mich und saust in Richtung Fresenburg davon. Sicherlich ist sie Lehrerin oder Kindergärtnerin und wird am heutigen Morgen ihren Schützlingen die Gefahren des Straßenverkehrs anhand ausgewählter Fallbeispiele darlegen. Es wird ein anschaulicher Unterricht werden. – Eines Tages wird sie in ihrem mediterranen Schuhkarton vor meinem Auto stehen. Ich werde nichts sagen, mir nichts anmerken lassen, aber dann: „Zack!“, werde ich das Gebläse des „Rüsselsheimers“ auf Maximum aufdrehen! Oder die Scheinwerferwaschanlage auf „Fluten“ einstellen! – „Sie wird schon sehen, was ihr das heutige Manöver eingebracht hat!“

Und das war am Freitag nur der Anfang

Es mag die Allergietablette gewesen sein, die ich einnahm und die mich den ganzen Tag in den Isabella (Campingstuhl im „Original Danish Design“) zwang. Kaum saß ich, schlief ich. Und träumte von Nutrias, Enten, weißen Fiat 500 und, wie seltsam, von einer Scheinwerferwaschanlage in deren Fluten Kleinwagen davongerissen wurden, um schließlich darin zu versinken.

19.00 Uhr. Die beste aller Ehefrauen steht vor uns. Auch sie hat Wochenende. Wir Grillen. Dabei trinken wir Jever Pilsener. Friesisch-herb, alkoholfrei und auch nicht. Wer nun welches Jever trinkt, wird nicht verraten. Und es gibt Rispentomaten: Ein Geschenk der freundlichen Platznachbarin. – Na, das is(s)t doch was, oder?

Immer wieder ein anderes Bild bietet sich an der Ems / dem Dortmund-Ems-Kanal

06.30 Uhr. Luna hat ausgeschlafen und meldet sich zu Wort. Sie muss nicht müssen. Weder noch. Bei diesem morgentlichen Ritual geht es ihr rein und allein um die „Runde an der Ems“. – Und ich habe wieder das große Los gezogen!

Es ist noch etwas kühler als am gestrigen Morgen. Deshalb habe ich auch heute die Jacke im Big B. gelassen. Eigenes Verschulden. In der aufgehenden Sonne lässt es sich ganz gut aushalten, aber wenn wir in eines der kleinen Nebelfelder am Dortmund-Ems-Kanal geraten, dann heißt es: „Schritt aufnehmen!“ Und sehen, dass wir durch die „Kaltfront“ kommen.

Am Sustrumer Sielgraben

Seit wir am Freitag die Thule Sun Blocker an der Markise aufgezogen haben, fragen immer wieder Interessierte nach, wo es die denn wohl gäbe. Komisch, wir fahren seit zwei Jahren mit den „Vorhängen“, die wir auch als Rain Blocker „im Sortiment“ haben, durch die Gegend und treffen immer wieder auf Nicht-Eingeweihte. Erste Gedanken an eine mobile Thule Rain-/Sun Blocker Vertriebsstelle kommen mir in den Sinn. Und schnell verfliegen diese wieder. Ich bin doch nicht der „König von Thule“. So, nun konnte ich diese Wortspielerei auch an die LeserInnen bringen. Aber ich will noch kurz bei der Sache bleiben: die Sunblocker scheinen gefragt zu sein. Inzwischen kosten sie beim Campingausstatter Fritz B. und einem niederländischen Vrijetijdsmarkt in Winterswijk je nach Ausführung und Modell zwischen 77,00 und 177,00 Euro. Uih, da haben wir ja noch einmal Glück gehabt! – Obwohl … wir brauchen noch ein Seitenteil, das inzwischen 139,00 Euro kostet.

05.45 Uhr. „Nein, Luna!“ 07.30 Uhr. „Ok, wir ziehen los.“ Diesmal mit wärmender Jacke, aber aus Rücksichtnahme auf die Nachbarn will ich die Autotür nicht „knallen“ und marschiere in Latschen und natürlich ohne Socken mit dem Frollein in Richtung Sustrumer Sielgraben. Die „dicken Botten“ bleiben im Auto. Auf der Brücke an der Brinkstraße begegnet uns das erste und einzige Auto an diesem Morgen. Schrittempo und ein freundlicher Gruß. Der Fahrer scheint mit der verwegenen Fiatpilotin vom Vortag weder verwandt, noch verschwägert zu sein.

Nicht über sieben, sondern nur über eine Brücke musst Du gehen …

Ohne Socken und in „Crocs“ läuft es sich auf der Brinkstraße und dem landwirtschaftlichen Weg zum Sielgaben um kurz nach ½ 8 noch relativ gut. Dies ändert sich dann blitzartig im fast kniehohen Gras entlang des Grabens in Richtung Ems. Innerhalb weniger Minuten spüre ich meine Zehen nicht mehr, die Durchblutung meiner Waden scheint wenig später aussetzen zu wollen und nach einer Viertelstunde erwarte ich die ersten erfrorenen Extremitäten. Doch so weit soll es dann nicht kommen: Luna hat sich für eine der vielen Fährten (Hase?) entschieden und schleift mich in leichter Seitenlage mehr hängend als liegend mitsamt meiner durch die Bodenwellen beständig in die Höhe geschleuderten Kamera durch das feuchte Gras. Auch eine Art, wach zu werden! Es gelingen mir dennoch zwei lohnende Schnappschüsse des meine Schleifspur kreuzenden Rehwildes.

Die Entschädigung für „tiefgekühlte“ Füße

Während die beste aller Ehefrauen ein Modehaus in Lathen aufsucht, nutze ich die Gelegenheit, um im Baufachmarkt Schlichter nach dem Rechten zu sehen: Ja, es ist alles in Ordnung. Die Regale sind gut gefüllt, das Sortiment groß und wie gewohnt, qualitativ hochwertig. Eisenwaren, Elektromaschinen, Werkzeuge und Gartengeräte warten aufgereiht in Reih´ und Glied auf ihre neuen Meister. Die Zeit vergeht im Nu und ich mache mich auf den Weg zurück zur Kirchstraße, um die „Beste von allen“ abzuholen. Meine Kleidung: Bergstiefel (heute: outdoor Schuhe), bestens geeignet für Expeditionen bis über 8000 m, extreme Hochtouren in kombiniertem Gelände und anspruchsvolle Westalpentouren sowie die kurze Arbeitshose (heute: e.s. active shorts) mit Sicherheitstasche, Hammerschlaufe, Zollstocktaschen, Stiftefächern und Pattentaschen mit Klettverschluss scheinen nicht ganz dem Chic eines modebewussten Kunden des Hauses zu entsprechen. Ich werde (wirklich!) sehr freundlich begrüßt, aber doch mit gewissem Argwohn betrachtet. – Warum nur?

Natur pur! – Wir haben sie einmal mehr und ohne vorherige Verabredung im Emstal erlebt. Dabei nette Menschen kennengelernt, an dieser Stelle: „Viele Grüße an den unteren Niederrhein!“ und freuen uns nun auf die nächste Fahrt „mit Sack und Pack“ ins emsländische Zweistromland.