Tierisches Philosophieren

„Wenn ich recht überlege, so ist doch „das, was mit dem Verstand nicht zu erfassen ist“ irrational, oder?“ „Ja, liebe Luna. Dinge, die wir den Gesetzen der Logik nicht unterwerfen können oder die unvernünftig sind, bezeichnen wir als „irrational“.“

Ich weiß, was nun folgt. Heute morgen fand ich in Lunas Bett ein philosophisches Wörterbuch aus dem Alfred Kröner Verlag in Stuttgart. Druck 1920. Ein etwas an- und abgegriffenes Exemplar. Kein Wunder, mit 100 Jahren auf dem Buchrücken. Sofort argwöhne ich, dass es heute zu einem nachdenklich-tiefgründigen Gespräch kommen wird.

„Und ein Gedanke, der den tatsächlichen Verhältnissen, also der „Wahrheit“, nicht entspricht oder den logischen Gesetzen widerspricht und dennoch für wahr gehalten wird, ist ein Irrtum“, folgert das Frollein. Ich täusche Nachdenklichkeit und angebliche innere Versenkung vor. In Wirklichkeit schaue ich hilfesuchend um mich. „Wo ist er, der Nietzsche, der Hegel, der Kant, der Schopenhauer, der mich aus dieser philosophischen Katastrophe führt?“ Na, klar! Bei diesem Wetter lassen sie mich allein auf dem Dingsfelder Weg und im Regen stehen. Sie tummeln sich lieber im Bücherregal in meiner „Schreibstube“.

„Ammerlandschaft“. In sich versunken über dies & das nachdenken, z.B. über „irrationale Irrtümer“

„Gibt es also einen „irrationalen Irrtum“? Ich verstehe darunter einen nicht korrigierten, der Wahrheit nicht entsprechenden Gedanken, der nicht beseitigt werden kann, da er mit dem Verstand nicht erfasst wird?“ Spontan will ich antworten: „Ja, so etwas mag in den Köpfen der amerikanischen Staatsbürger existieren, die seinerzeit Donald Trump zum  US-Präsidenten wählten.“ Ich verzichte sofort darauf, denn ich möchte Politik nicht in irgendwelche philosophischen Denkübungen aufgenommen wissen.

(Auch) Der Weg ins Dorfcafe nach Hösseringen ist zu weit …

Mir schießen zu Lunas Frage Begriffe wie das Versäumnis der Irrtumsvermeidung, der Selbsttäuschung, des Wunschdenkens und der Willensschwäche durch den Kopf. Irrtum und Täuschung lassen sich vermeiden bzw. auflösen, wenn wir sie erkennen. Aber wie verhält es sich bei der Willensschwäche, dem Wunschdenken und der Selbsttäuschung? Wie bringe ich diese Dinge zusammen? – Der Dingsfelder Weg scheint unendlich und die deutschen Denker sind weiterhin unerreichbar für mich.

„Wildkaninchen als letzte Rettung“

Ich halte auch heute Lunas Überlegung für sehr interessant, ziehe aber mangels Wissen dessen ungeachtet die Notbremse: „Liebe Luna, ich denke bei einem „irrationalen Irrtum“ haben wir es eher mit einem Pleonasmus, einem doppelt gemoppelten Begriff, wie „alter Greis“, zu tun. Obwohl, wenn ich weiter überlege, dann … Oh, sieh mal, ein Wildkaninchen!“

Ich dachte nicht nur, ich stehe (allein) im (philosopischen) Wald

Ja, ich weiß, das war feige. – „Nicht jene, die streiten, sind zu fürchten, sondern jene, die ausweichen.“ Marie von Ebner-Eschenbach