Saisonausklang

11,5 Grad Celsius. Bunt sind schon die Wälder, gelb die Stoppelfelder, aber es weht kein Wind. Die Gasflasche sagt mir, dem ehemaligem, aber einsatzerprobtem Ortsbürgervereinveranstaltungsbratwurststandbetreiber, durch ihr greifbares Gewicht, dass sie über ausreichende Kapazität für einen ausschweifenden Bratwurstgrillabend verfügt. Doch reicht diese Empfindung auch für eine heiße Nacht in Sustrum? – Eine Nacht im beheizten Fliegenden Holländer inkl. Kochen auf dem Gasherd? – Wer nichts wagt, der nichts gewinnt! Also, kurzentschlossen werden die Segel gesetzt und ab geht´s in Richtung Emsland.

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Die Mittlere Ems zwischen Lingen-Hanekenfähr und Papenburg

Letzter Saisontag bei den Emstal Campern. Da dürfen wir nicht fehlen. Was wird uns erwarten? Ein leergefegter Platz? Familie Sandker mit den Laubbesen, um Klarschiff zu machen? Egal, Hauptsache noch einmal auf Tour, bevor wir den Flying Dutchman ins Winterquartier bringen.

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http://www.campingplatz-emstal.de/

Schnell sind wir durch den Emstunnel. Den hessischen Passatfahrer, der am Tunnelausgang mit sagenhaften 60 Km/h gen Heimat saust, vernaschen wir so nebenbei. Standardstopp kurz vor der Anschlussstelle 16 „Rhede (Ems)“ liegt der Parkplatz „Olle Rheen“: Frollein Luna muss für kleine Mädchen.

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Wir laufen ein in Sustrum. Natürlich nicht ohne zuvor in Walchum im NP-Markt unseres Vertrauens Proviant gebunkert zu haben. „12 Uhr Mittags“ stehen wir auf unserem Platz. Einen für uns neuen Platz: Nr. 111, wie wir später erfragen. Wir haben beinahe die freie Auswahl, denn wir sind doch nicht die einzigen Hartgesottenen. Zum Saisonausklang haben sich einige Camper im „Zweistromland“ zwischen dem Dortmund-Ems-Kanal und der Ems eingefunden. Trotz „fünf-Minuten-vor-Ultimo“ liegen bereits einige Fendt, Tabbert und nun auch unser Fliegender Holländer auf Reede.

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Ruckzuck ist der Kleine „landfein“ und ich betrete zum ersten Mal seit unserer Idee, die letzte 2015er Kreuzfahrt zu starten, die Kajüte. Die beste Ehefrau von allen hat natürlich an alles gedacht und die inzwischen vor sich hin köchelnde Linsensuppe läutet das Wochenende ein.

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Das Frollein ist sehr beschäftigt. Gilt es doch, die Hasen-, Igel- und Fasanenfährten, die sich seit unserem letzten Besuch im September stark vermehrt zu scheinen haben, einer intensiven Begutachtung zu unterziehen. Luna scheint zufrieden. Ihr Blick sagt uns: „Hier ist alles ok. Auf geht´s in Richtung Sustrum!“

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Wir überqueren die Ems und schlagen uns in die Büsche. Entlang der inzwischen abgeernteten Kartoffeläcker und einigen scheinbar vergessenen Maisfeldern wandern wir durch die Landschaft. Zurück im „Emstal“ erwartet uns ganz überraschend das Team der Saisonausklangcamper an der Anmeldung. Damit haben wir nun gar nicht gerechnet. In illustrer Runde und bei einem edlen Tropfen aus dem „Whiskyhäuslein“ oder einer Hopfenkaltschale plaudern wir über Gott und die Welt und natürlich über Wohnwagen & Co. In kurzer Zeit sammeln wir neue Erfahrungen und erhalten wertvolle Tipps aus den Reihen der professionellen Wohnwagenmobilisten. Schon jetzt hat sich unser Wochenendtrip gelohnt.

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„Warum haben wir uns erst vor zwei Jahren einen Wohnwagen zugelegt? Wie kamen wir bis dato ohne Caravan durchs Leben?“ Nein, ohne Hohn: wir haben uns richtig entschieden. Wir bleiben dabei. Der Flying Dutchman wird uns noch einige Zeit begleiten und dann, dann werden wir uns vergrößern. Diesen letzten Satz schreibe ich sehr leise und mit einem ganz schlechten Gewissen. Ich möchte den Racer 39 doch nicht verunsichern.

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Verdächtig gleichgültig folgen uns seine Blicke am nächsten Tag. Wir haben zwei Besichtigungstermine in den benachbarten Fendt Saphir und Tendenza angeboten bekommen. Der Fliegende Holländer scheint alarmiert. Und mein unbedachtes und übertrieben Unschuld heuchelnd gerufenes: „Luna, komm, wir wollen …“ trägt seinen Teil dazu bei, dass hier etwas im Busch sein könnte. Sein muss! Ich drehe die Truma Heizung zwei Stufen höher, damit sie den Racer 39 innerlich erwärmt. – Er lässt sich noch einmal beruhigen.

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Die größte Grundriss-Vielfalt bei Fendt-Caravan bietet der Saphir, der gleichermaßen anspruchsvolle Caravaner und die reisefreudige Familie anspricht. Der Tendenza ist zweifelsohne ein zeitloser Trendsetter mit einer außergewöhnlichen Innenoptik in hochwertiger handwerklicher Ausführung. Ja, wir haben uns schlau gemacht. Und daher liebäugeln wir mit einer Fendt-Baureihe, die häufige Standortwechsel wendig und kompakt ermöglicht: dem Bianco. Genauer, dem Bianco 495 SFE Selection. Doch wie bringen wir das dem Fliegenden Holländer bei? Ich bringe es nicht über´s Herz. „Ich bin klein, wendig, kompakt und stets reisefreundlich!“ wird er sagen. Und dann?

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Erst einmal geht es nun ins Winterquartier und im kommenden Jahr werden wieder die Segel des Flying Dutchman gesetzt. Versprochen, mein Kleiner. Es gibt viel zu entdecken, packen wir´s an! – „Man reist ja nicht um anzukommen, sondern um zu reisen.“ (Johann Wolfgang von Goethe)

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