Noch einmal. Sustrum

Saisonende im Zweistromland. Der Campingplatz Emstal, zwischen der Ems, ihren reizvollen Seitenarmen und dem Dortmund-Ems-Kanal gelegen, schließt Ende Oktober und über den Winter seine Pforten. Und bevor Big B. ins Winterquartier zieht, wir vor Verdrossenheit nicht wissen, was wir an den bevorstehenden caravanlosen Wochenenden unternehmen sollen, sind wir auch schon auf dem Weg ins Emsland. Der opelanische Automatikwahlhebel steht in Stellung „CE“ (Campingplatz Emstal) und wie auf Schienen rollen wir „vorentspannt“ in Richtung Sustrum.

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Im Tiefflug über den Dortmund-Ems-Kanal

Kurz hinter dem Walchumer Ortseingangsschild setzt der Antara den Blinker und wir stehen auf dem NP-Parkplatz. Gerade rechtzeitig, denn wir haben die aktuelle Tageszeitung gelesen, das knifflige Kreuzworträtsel gelöst und die zweifache Sudoku-Herausforderung glänzend gemeistert. Es ist schon von großem Vorteil, wenn das Auto den Weg in die „Zone der Gelassenheit“ kennt.

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Die Brinkstraße in herbstlichem „Flecktarn“

Vier Ganseforthsche Brötchen liegen derweil eingetütet auf der Rückbank, die wir für die letzten Kilometer zur Brinkstraße verlassen, um nun unsere Plätze auf dem Fahrer- und Beifahrersitzen einzunehmen. So erreichen wir gelockert und wegen der „CE-Spinnerei“ mit einem freundlichen Augenzwinkern das Ziel, unsere Wohlfühloase im Emstal.

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1000 Aufnahmen von der „Durchstichbrücke“ an der Brinkstraße. Und trotzdem immer wieder einzigartig

Schnell steht Big B. aufgerüstet und stromversorgt sowohl horizontal als auch vertikal präzise ausgerichtet auf „unserem“ Platz. Und während ich stolz „das Werk“ betrachte, Luna wieder einmal über alle Berge ist und Hase, Igel und ihre gefiederten maritimen Freunde im Umkreis von 2,73 Km begrüßt, dringt bereits der Duft dieses einzigartigen kolumbianischen Erfrischungsgetränkes (Kaffee) an und in meine Nase. „Frühstück!“ Die beste aller Ehefrauen war ebenfalls nicht untätig und so eröffnen wir das für dieses Jahr letzte „WoWaCaWe“ (Wohnwagencampingwochenende) in Begleitung der Ganseforthschen Backwaren und musikalisch untermalt im Emstal zwischen Sustrum und Fresenburg.

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Schwanenems statt Schwanensee

„Und was ist mit dem Besuch des NP-Marktes?“ Eingeweihten Leserinnen und Lesern drängt sich diese Frage förmlich auf. Wir wollten am Morgen nichts überstürzen. Wir haben alles an Bord. Der Kühlschrank ist mit seinem erstaunlichen Fassungsvermögen ausgelastet. Doch irgendwo, in irgendeinem Regal des Discounters wartet irgendein Artikel, den unser Eigen zu nennen, wir noch gar nicht ahnen. Also, auf nach Walchum, die NP-Karte gezückt und eingekauft.

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Die Brinkstraße aus ungewöhnlicher Perspektive

Am Nachmittag umrunden wir das „Dreiländereck“ entlang der Ems, des Dortmund-Ems-Kanals bis zur Düther Schleuse und retour auf der Brinkstraße zum CP Emstal. Es soll das einleitende Training für unsere wandertechnische Kür am Samstag sein.

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Die Emsbrücke in Steinbild

Samstag. 11.00 Uhr. Am Ufer der Ems und des Kanals laufen wir nach Steinbild, überqueren dort im Zuge der Steinbilder-/Emsstraße den Kanal, haben die Gelegenheit in Höhe der Kirchstraße/Emsblick drei Falkner mit ihren Greifvögeln beobachten zu können und wandern parallel zur Fresenburger Staße zurück zur Düther Schleuse. Hier treffen wir rechtzeitig ein und können so die Arbeit einer (rechtmäßigen) „Schleuserbande“ in Augenschein nehmen. In Wahrheit ist außer der niederländischen Schiffsbesatzung weit und breit niemand zu sehen, aber ich wollte auf die Erwähnung des Terminus „Schleuserbande“ nicht verzichten.

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Keine Bank kann so versteckt liegen, dass sie nicht ein Angler „zuparkt“

Nach 2,5 Stunden sind wir zurück am Caravan. Luna, die unterwegs ständig neue „Freundschaftsbünde“ mit Enten, Gänsen und einem Fasan schließen konnte, ist nicht die Spur von erschöpft oder auch nur im Ansatz schläfrig. So „opfere“ ich mich und horche die Matratze nach verdächtigen Geräuschen ab. Da auch mir solche Spaziergänge nichts ausmachen, erwache ich bereits nach zwei Stunden aus meinem ohnmachtähnlichem Tiefschlaf. Fragliche Geräusche konnte ich allerdings nicht lokalisieren.

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Die Kirche in Steinbild wurde vor 500 Jahren dem heiligen Georg geweiht
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Gedenkstein in Steinbild für Joseph Bergmann (1939-2008)

„18.00 Uhr an der Rezeption“. Familie Sandker lädt zum Saisonausklang ein. Das machen längst nicht alle „Herbergseltern“. In geselliger Runde lassen wir es uns gut gehen, tauschen Erfahrungen und Erlebnisse aus, berichten von kleineren Pleiten, Pech und Pannen, lachen über den einen und anderen Witz, „verraten“ uns gegenseitig die Reisepläne für die kommende Saison. „Schlagartig ruft“ der Sustrumer Glockenturm: „22.00 Uhr!“ „Hallo? Wo bitte ist die Zeit geblieben?“ Doch das kennen wir ja alle: in netter Gesellschaft verfliegen Stunden im Nu. Womit diese Stunden allerdings nicht rechneten, die Uhren werden heute Nacht um eine Stunde zurückgestellt! – „Na also, einer geht noch!“

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“ … Die Sonne neigte sich tiefer, und warf glührote Streifen auf das Wasser … (aus: Heinrich Heine: Buch der Lieder Die Nordsee, Erster Zyklus)

Manchmal werden wir gefragt, ob sich denn dieser Aufwand, den wir mit den Vorbereitungen, dem Auf- und Abbau des Big B. betreiben, für ein kurzes Wochenende überhaupt lohne. Diese Frage hätte ich vor drei Jahren noch mit einem klaren „Nein“ beantwortet. Heute, auf dem Weg, die Gelassenheit zu entdecken, und bereits den Weg als Ziel betrachtend, fällt meine und unsere Antwort anders aus. Wir fahren gern „auf´s Land“, halten uns mit Vergnügen in der Natur auf, können „stehenbleiben, beobachten und betrachten“ und auch einmal improvisieren.

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„Rowdy Of The Year 2016“ – Bislang hielt ein Emsländer den Rekord an Rücksichtslosigkeit auf der Brinkstraße. Diesem polnischen Kraftfahrer gelang es in den frühen Morgenstunden des 29. Oktober 2016, den Titel für sich und seinen unnachgiebigen Fahrstil zu erringen

Inzwischen kennen wir die Besonderheiten einer Stiel- und einer Traubeneiche, wissen, dass diese blaufarbene und mit einer hufeisenförmigen Zeichnung versehene Libelle eine Hufeisenazurjungfer aus der Familie der Schlanklibellen ist und dass die Brutzeit von Rotkelchen und Hausrotschwanz in die Monate April bis Juli fällt. Nun ließe sich lebhaft und ausgedehnt darüber disputieren, ob dies alles nutzbringend und relevant ist und im „angemessenen Verhältnis zum Aufwand“ steht, doch zur „Entschleunigung“ und schrittweisen „Entdeckung der Gelassenheit“ trägt es maßgeblich bei!

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Luna in erwartender Beobachtungshaltung. Also, kurz davor eine neue Bekanntschaft zu schließen. Auf ihre ganz besondere Art …

Am kommenden Dienstag wird die lang vermisste Markise des Big B. ersetzt werden. Rechtzeitig vor dem Einzug ins Winterquartier traf sie in Papenburg ein. Somit steht dem Beginn und Start in die neue Saison nichts mehr im Wege. Nur mal eben fünf Monate pausieren und dann geht´s wieder los. Und als erstes geht es nach … Dreimal dürfen Sie raten

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An, nein, besser in der Düther Schleuse. Die „Lauwerszee“ aus den Niederlanden