Braucht der Camper einen Campingführer, einen Begleiter in die abwechslungsreichen und beliebten Urlaubsregionen? – „Jein!“ – Wir nutzen unsere Begleiter und landen in Sachsen-Anhalt. 960.000 qm Camping am See. Ein langgestrecktes Wiesengelände am Barleber See und dem Mittellandkanal. Unparzellierte Touristenplätze. 200 an der Zahl und 630(!) Dauercamper. Wir wollen es so.

Es gibt einen separaten Platz für campierende Hundehalter. 12 Km vom Magdeburger Zentrum entfernt, haben wir den Fliegenden Holländer im „Streichelzoo“ vor Anker gelegt. Ein hüfthoher Zaun trennt uns von der Außenwelt. „Füttern verboten!“ Dieses Schild finde ich zwar nicht, fühle mich aber wie ein Exot unter all den „normalen“ Zugvögeln ohne tierische Begleitung. Für uns gibt es sogar einen abseits gelegenen Nebeneingang. Den Platz dürfen wir mit dem Frollein nicht betreten. (Erzähl´ mir noch einer, dass von den 630 Dauercampern niemand einen Hund hält!)

Im „Hochsicherheitstrakt für Hundehalter“ quietscht ein wohlgenährter niederländischer Jack Russel seinen Spielball zu Tode. Und uns an den Rand des Wahnsinns. Unsere Heidewachtel würde diesem Treiben gern und konsequent ein Ende bereiten. Unsere sofortige Unterstützung hätte sie, aber wir sind Europa! Wir sind tolerant. Wir haben Nerven wie Drahtseile. Manchmal. Es gibt sie, manchmal dauert es ein Weilchen, aber dann tritt sie in Erscheinung: die göttliche Gnade. Der Herr hat ein Einsehen und schickt unsere nordischen Nachbarn in ihr Wohnmobil. Hoffentlich finden sie ein interessantes Fernsehprogramm und bald einen frühen, langen und erholsamen Schlaf.

So, reden wir vom Wetter. Die Sonne scheint. Es windet, doch wir bleiben trocken. Selbst beim vor Anker gehen bleiben wir trocken, denn wir waren schnell und effizient. Bevor die einzigen Regentropfen des Nachmittags die Stirn besitzen, sich auf der unsrigen niederzuschlagen, sind wir fertig. Der Fliegende Holländer steht längst in der Waage, als die ersten Tropfen gen Magdeburg fallen. Und nun, da ich diese Zeilen schreibe, beginnt es zu regnen. Wen interessiert´s? Wir haben unser sturm- und unwettererprobtes Sonnensegel längst aufgebaut. Die beste Ehefrau von allen schenkt ein Tuborg Pilsener aus. Mensch, was willst Du mehr?

Fast hätte ich ihn unterschlagen, den Niegripper See in Burg bei Magdeburg. Ein kleiner Campingplatz im Jerichower Land. Unser erster Campingführer-Versuch, ein Quartier zu finden. Wir treffen in der Mittagsruhe ein, haben ausreichend Zeit, uns rechtzeitig vor einer übereilten Buchung zu orientieren. Wir setzen den Flying Dutchman wieder unter Segel und suchen bei günstigem Wind das Weite.

Hinter „dauercampenden Ligusterhecken“ knallen am Barleber See seit dem Nachmittag die Rotkäppchen-Sektkorken. Hin und wieder entsorgt Frau die erfolgreich geleerten Flaschen im nahegelegenen Altglascontainer. Nun zupft auch noch jemand die Gitarre. Sang- und klanglos und schon gar nicht musikalisch. Ist das nicht schön? Ja, es ist nicht schön. Dann schon lieber NDR 1 Radio Niedersachsen.

Am darauffolgenden Morgen kommen wir mit unserem Nachbarn ins Gespräch. Er hat interessante Tipps für uns: wie kommen wir am schnellsten ins Magdeburger Zentrum. Wo finden wir was und was müssen wir während unseres Kurzaufenthalts auf alle Fälle gesehen haben. Woher weiß der Herr aus der Großstadt am Niederrhein das? Er ist Magdeburger, hat hier über 40 Jahre gelebt und als Jugendlicher bereits in den 1970er Jahren am Barleber See campiert. Nun wissen wir auch, dass an der Stelle, an der wir heute stehen, einst eine Art „mobiler Konsum“ stand. Und dass am Niegripper See auch heute noch die Ruhe und Erholung suchen, die dies bereits „in vergangenen Tagen genossen“.



Neue Nachbarn bevölkern den Barleber Streichelzoo. Ein Familie aus Flensburg und eine niederländische Großfamilie mit ihrem Home Car Racer 45 Sunset. Donnerschlag, der ganz große Bruder unseres Fliegenden Holländers (ein Home Car Racer 39). Kann der „Sunset“ alle Familienmitglieder beherbergen? Eine interessante und zugleich brennende Frage, die wir uns beim Anblick der Eltern nebst ihrer sechs jugendlichen Kinder, sofort stellen. – Es geht! Und: die Tür des Caravans lässt sich bei all dem Gewimmel auch noch schließen. Wir haben Bilder im Kopf, wollen uns aber nicht weiter mit der Frage der räumlichen Unterbringung der Familie auseinandersetzen.

Nuca, der weiße Schäferhund der Flensburger, möchte spielen. Mit Luna, die einem kleinen Rennen über den Zeltplatz niemals abgeneigt ist. Luna ist schnell. Sehr schnell. Und das kann Nuca, der achtmonatige und läuferisch heute unterlegene Junghund nun gar nicht so recht dulden. Nuca schnappt nach dem Frollein. Oh, drohend Ungemach! Lege niemals deine Pfote oder deine Schnauze in Lunas Nacken und „never ever“ schnappe nach ihr. Zu spät! In Sekundenbruchteilen ist Luna über ihr, es wird etwas lauter, ein paar kapitalere, weiße Fellflocken lösen sich auch dem „Getümmel“ und werden vom Wind davon getragen … und Nuca möchte nicht mehr „spielen“.

Herstellen der Marschbereitschaft. Unser neues Ziel: das Reisemobilzentrum W. in Kremmin. Hier steht ein Modell des Dethleffs Camper, das uns interessiert und in Wiefelstede und umzu nicht verfügbar ist. Ein sehr netter und ebenso kompetenter Mitarbeiter des Hauses, den wir jederzeit empfehlen werden, führt uns auf den Platz, damit wir uns einen ersten Eindruck verschaffen können. Um den Dimensionen gerecht zu werden: er führt uns in „den Ortsteil Caravan“ der Ortschaft Kremmin. Hier stehen Wagen an Wagen, Mobil an Mobil. Damit er uns später wiederfindet, vereinbaren wir, Luna jeweils an der Deichsel des augenblicklich inspizierten Wohnwagens anzuleinen.

Wir sind mit den Hobbies schnell durch, die LMCs kennen wir bereits von einem Besuch in Warendorf, Hymer und Tabbert muss man gesehen haben, einige Bürstner sind vertreten und dann stehen wir vor den Fendt Modellen. Fendt? Die bauen doch Trecker! – Wir stehen, sitzen, verlassen, gehen wieder zurück, schauen noch einmal bei Hobby, sitzen oder stehen immer wieder im Fendt Bianco 465 SFB Selection. Warum gerade der? Weil der mit seinen Gesamtlänge noch nicht in die Größenordnung „Raumschiff“ fällt, weil er genau auf unsere Auffahrt passt, weil er uns, mit unseren häufigen Standortwechseln, das Leben ja so leicht macht, weil er kompakt und hochwertig, wie fast alle heutigen Caravans, verarbeitet ist und weil er genau den Grundriss hat, den wir uns wünschen. Es fehlen uns nur mal eben 19.450,00 Euro. Na, wenn´s weiter nichts ist.
Wir wollen uns von Herrn Guido Pigors verabschieden, sehen beiläufig noch einmal in das Regal mit den Prospekten und finden den Fendt Bianco 495 SFE Celebration. Das wäre ein Modell, das … Nun aber: „Halt!“ Und: „Auf Wiedersehen, Herr Pigors.“
In Ludwigslust haben wir Lust, das Schloss zu besuchen. Viele andere verspüren auch diese „Ludwigslust“. Kein Platz, nicht einmal zum Parken. Doch! Vor dem Schloss da parken sie alle! Obwohl es doch verboten ist. „Was die können, können wir …“ Ich entdecke die „Danksagungen“ des Ludwigsluster Ordnungsamtes hinter den Wischerblättern dieser „rücksichtslosen Parkplatzrüpel“. „Alles, was recht ist, aber wir kommen dann gern später noch einmal wieder.“
Auf den Bundesstraßen 189, 106 und 5 demonstrieren uns noch schnell einige Freiwillige, wie kopflos man in den 70er und 80er Jahren im Westen unserer Republik fuhr. Beängstigend beeindruckend diese Retrospektive. Nur leider wird diese Darbietung auch hier oft zur unüberlegten Risikobereitschaft mit tödlichem Ausgang.

Smartphones informieren nicht nur zuverlässig über Sonnenstunden und Regenwahrscheinlichkeiten, sie sind auch hervorragende Orientierungshilfen. Bisweilen werden sie sogar zum Telefonieren genutzt! „Von Ludwigslust ist es über die BAB 24 quasi ein Katzensprung nach Güster an den Elbe-Lübeck-Kanal“, weiß die beste aller Ehefrauen zu berichten. Und so steht einem Stopp im Naturpark Lauenburgische Seen nichts mehr im Wege. Ist ja auch schon wieder vier Tage her, dass wir dort waren! Also, eine Ewigkeit. Platz 14 ist frei. Na, den kennen wir ja noch vom Mai.
Brötchen gibt es ab 9.00 Uhr im Seepavillon in der Freizeitwelt am Prüßsee. Eine Vorbestellung empfiehlt sich oder man kauft die Brötchen in der örtlichen Bäckerei, die liegt direkt neben „unserem Griechen in Güster“, der Taverne Inos. Ab 7.00 Uhr sind sie dort frisch zu haben. Als notorischer Frühaufsteher kein Problem, die knapp zwei Kilometer mit dem Frollein im Schlepp in den Ort zu radeln. Nach einigen Jahrzehnten Bundeswehr ist es auch heute noch keine Qual, mit den Hühnern aufzustehen. Außerdem „gehört“ mir frühmorgens das Sanitärhaus am Prüßsee. Für mich ein Luxus, eine Wohltat: allein „in den gekachelten Räumen“!
„Grillen ohne Grillkohle, ein Unding. Ich brauche den Geruch und den Geschmack des über der Glut zubereiteten Fleisches“, sagte einmal ein Vollblutgriller zu mir. Wir haben einen kleinen Elektrogrill an Bord. Der tut´s auch. Bis zu diesem einem Abend, der damit eingeläutet wird, dass mir eine Flasche „Tuborg. Premium Qualität. Enjoyed since 1880.“ im Eingang des Fliegenden Holländers aus dem schon leicht lädierten Sixpack fällt. Nicht, dass ich den „Knacks“ nicht bereits beim Kauf bemerkte, aber es war das letzte Gebinde. Der beschädigte Boden der Verpackung bleibt mir verborgen. Diesen schwerwiegenden, versteckten Mangel bemerke ich beim Kauf in Büchen noch nicht. Dafür nun umso geräuschvoller und ganz besonders spritzig beim Betreten der Kajüte des Flying Dutchman. 33cl nach deutschem Reinheitsgebot in Hamburg gebraute und abgefüllte „Hopfenkaltschale“ schießen zu Boden.
Nach der Schadenbeseitigung geht es ans Grillen. Stecker in die Außensteckdose des Fliegenden Holländers und … und … und nichts passiert. Der prüfende Blick des pensionierten „Verteidigungsbeamten“ sagt: „Exitus. Auf diesem Grill brennt nichts mehr an.“ Das vielen noch aus der Werbung bekannte „HB-Männchen“ wäre ein „Quell der Ruhe“ im Vergleich zu meinem augenblicklichen Gemütszustand. Die beste Ehefrau von allen hingegen sieht´s mit Gelassenheit.

Grillfleisch in der Pfanne braten? Ich sehe sich am Boden krümmende Grillspezialisten, höre vor Entrüstung aufschreiende BBQ-Profis und fürchte augenblickliche Angriffe der mit glühenden Grillbestecken bewaffneten Wohnmobil- und Caravannachbarn. Doch nichts passiert. Bis auf dieses versteckte Grinsen, dieses hämische Gekicher und diese Bemerkungen, wie „Hab´ ich´s nicht gleich gesagt?“, „Na, ein wenig frittiert?“ oder „Geschieht ihm recht!“ Ich bilde es mir zumindest ein, als ich einen Teil des „geschändeten“ Grillguts sowie den seine Dienste verweigernden Grill fach- und umweltgerecht entsorge. Elektrisch Grillen, ok. In der Pfanne Grillgut zubereiten? Strafe muss sein!

Natürlich umrunden wir wieder den Prüßsee, der übrigens durch offizielle Stellen der Europäischen Union die Note „ausgezeichnet“ erhalten hat. Ein schöner „Streifzug durch die Gemeinde“, der in Güster stets an der „Fischbude“ zur „inneren Einkehr“ kommt. Frisch zubereitete Fischbrötchen „retten“ uns über die letzten knappen zwei Kilometer zurück zum Fliegenden Holländer. Allerdings: nur am Freitag und am Samstag gibt es hier die „appetitlichen Burger aus den Wogen“.
Wie sagte einst der Spätromantiker und von Thomas Mann in seinem Roman „Buddenbrooks“ in der Figur des Jean-Jacques Hoffstede verewigte Franz Emanuel August Geibel: „Oh welche Zauber liegen in diesem kleinen Wort: Daheim.“ – Und damit ging es wieder in Richtung Wiefelstede. – Erst einmal …
Nett zu lesen, wie immer. Viel Spaß bei der weiteren Suche nach einem passenden Wohnmobil.
Liebe Grüße aus Rodenkirchen