Kuhhornsweger Gedankenaustausch

Ich ahnte es. Ich wusste, dass sie etwas „in petto“ hat: „Schweigt der Menschen laute Lust: Rauscht die Erde wie in Träumen. Wunderbar mit allen Bäumen, was dem Herzen kaum bewusst, …“ Bevor sie sich, wie gewohnt, einige Meter von mir absetzt, um auf dem Wiefelsteder Kuhhornsweg nach dem Rechten zu schauen, zitiert das Frollein noch schnell diesen Vers aus dem Eichendorffschen Taugenichts.

Ich schöpfe sofort Verdacht, als ich heute morgen Joseph von Eichendorffs „Aus dem Leben eines Taugenichts“ unter Lunas Kopfkissen entdecke. Das sie mir dann allerdings zu solch früher Stunde den Gesang des Herrn Guido präsentiert, überrascht mich dann doch. Hatte ich vorausschauend damit gerechnet, dass sie unser heutiges „Gespräch in der Bewegung“ mit dem „Gezwitscher und Getümmel der Sperlinge am rauschenden Rad der Mühle und dem vom Dach tröpfelnden Schnee“ aus dem 1. Kapitel der Novelle einleiten würde. – Sperlinge begegnen uns heute morgen in Scharen, als wir durch den Hörner Esch gehen.

Wie wir ein echter Frühaufsteher: Das Rotkelchen

Geschickt und passend zu unseren morgendlichen Spaziergängen durch Feld, Wald und Flur, mag sie ihre Lektüre ausgewählt haben. Diese Novelle, die sich überwiegend in der Natur entfaltet, die im Rauschen der Bäume und im Zwitschern der Vögel, im Funkeln der Flüsse und im Knacken der Äste spielt. (Quelle: Franz Kugler, ZEIT online, 2. Februar 1979)

Seitdem wir 2012 zu unseren gemeinsamen Streifzügen durch usA (unserem schönen Ammerland) aufbrechen, haben wir ein ganz besonderes Verhältnis zur „Natur um uns herum“ aufgebaut. Ja, und so hängen wir dann schon einmal unseren Gedanken nach und philosophieren „über Gott, Joseph von Eichendorff und die Welt“.

Der Kuhhornsweg. Blick auf den hinter den Bäumen liegenden Dingsfelder Weg

„Ich bin versucht, die Personen dieser Novelle in zwei Gruppen zu teilen: Optimisten und Pessimisten“, setzt das Frollein an. „Auf der einen Seite, die abenteuerlustigen, mutigen und doch naturverbundenen Charaktere wie den Taugenichts.“ „Na, dann gehören dessen Vater und der Gärtner sicherlich zu den „Gegenspielern“, den Pessimisten, oder?“ Ich muss schauen, dass ich mit dem Frollein literarisch Schritt halte. Zu lang ist es her, dass ich diese Lektüre während meiner Nordenhamer Schulzeit verordnet bekam.

Irgendwo „da hinten“ verläuft die Halfsteder Bäke

„Genau! Typische Spießbürger. Ich möchte sie sogar als besonders langweilig bezeichnen.“ Luna „zieht blank“. Meine grauen Zellen arbeiten auf Hochtouren. „Hilfe! Wie kann ich mich retten?“, pflegt mein Bruder in solchen Situationen spaßeshalber zu rufen. Ich erwidere: „Ja, klarer Fall. Der typisch romantische Mensch, wie er durch den Taugenichts dargestellt wird: „Er geht in die Welt und macht sein Glück““.

Ganz allein auf weiter Flur

„Diese Ich-Perspektive. Mir gefällt, dass der Erzähler, als ein Teil der dargestellten Wirklichkeit, das Geschehene miterlebt.“ „Durchaus, liebe Luna. Wenn wir bedenken, dass Eichendorffs Werke in der Epoche der Romantik und Spätromantik entstanden und oft als „Wald- und Wanderromantik“ bezeichnet werden, so bin ich doch sehr froh, dass wir heute darüber gesprochen haben.“

Fährtenarbeit: Spaß für Hund und Halter. Heute meine Chance, „den Eichendorff“ schnellstens wieder zu verinnerlichen

Ich habe sie hoffentlich überrumpelt. Sie scheint meine List nicht zu erkennen, da eine aus dem Nichts auftauchende Fährte jäh ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit erfordert. – Zu meinem Glück? Nein! „Spiegeln nicht seelische Landschaften das Innere des Taugenichts wider?“, versetzt sie mir einen finalen (spät-)romantischen Hieb.

Aus! Ich passe!

(Quellenangabe: In meinem blog-Eintrag habe ich auf einige Überlegungen/Gedanken/Ideen aus der Arbeit von Herrn Stefan Maas zur Novelle Joseph von Eichendorffs zugegriffen.)