Gedanken

5.45 Uhr Oldenburg-Etzhorn. Stubbenweg. Wir treffen uns werktäglich auf dem großem Parkplatz einer Einzelhandelskette, stellen hier geduldeter Weise unsere Autos in die Ecke bei den Altglascontainern und fahren gen Diepholz. Anfangs nehmen wir die Autobahn, später weichen wir hinter der Huntebrücke an der AS Wardenburg auf die Oldenburger Straße aus.

Ist einfach zu stressig, diese ständige Drängelei notorischer Linksfahrer. Der Berlingo rollt und wir sind viel entspannter auf Bundes- und Landstraßen unterwegs. Ich bilde es mir jedenfalls ein.

Oft kommen uns die letzten Wohnmobile mit den roten Herzen in den Fenstern von ihren nächtlichen Einsätzen entlang der Wikingerstraße entgegen. Vorbei geht es am „Tüddick“, der an einem Neujahrsmorgen in Flammen aufgehen wird.

Die Oldenburger- wird zur Sager Straße. Wir passieren den Commonwealth War Cemetery in Sage. Regelmäßig steht hier ein belgischer Lieferwagen. Es dauert zwei Wochen, dann haben wir heraus, dass es sich um eine Gärtnerei handelt, die die Anlage pflegt.

Vor Ahlhorn wird die Sager- wieder zur OldenburgerStraße. Ob die sich nicht einigen konnten? Gegen 6.15 Uhr nähern wir uns dem Kreisel Wildeshauser-/Vechtaer Straße. Fast jeden Morgen treffen wir hier auf den aus Richtung B213 tief einfliegenden Hitzkopf, der unbeirrt die Meinung vertritt, wer am schnellsten in den Kreisverkehr rauscht, hat Vorfahrt. Wir wissen, wie er tickt und lassen ihn ziehen.

Oft nehmen wir uns vor, den Schnellimbiss an der Hanse-/Visbeker Straße in Schneiderkrug zu besuchen. Wenn wir Zeit haben, vielleicht einmal an einem Freitagnachmittag? Wir werden diese Zeit nie haben oder besser, wir werden sie uns nicht nehmen.

Wenn wir jetzt nicht überholen, dann fahren wir bis zur Ortsumgehung Vechta hinter diesem LKW her. Die lange Gerade verleitet zum zügigen Fahren. Sofern man im Falle meines Citroën Berlingo Hdi von Eilen sprechen möchte. Bis 120 Km/h ist es eine Feude, mit dem Bär Lingo zu fahren. Verbrauch und Geräuschkulisse stimmen. Geschwindigkeiten jenseits dieser Marke gehen ins Ohr und den Geldbeutel.

Vorbei am Baggersee „Am Berg“. Mit den vielen von der B69 abzweigenden Wegen ins Moor, die sinniger Weise auch Moorweg oder Vor dem Moore heißen, ergeht es mir, wie mit dem Schneiderkrugschen Schnellimbiss. Ich möchte unbedingt einmal dorthin, werde es aber nie machen. Dabei sind das Boller Moor und Lange Lohe sowie das Aschener Moor und das Heeder Moor vor Diepholz im Frühjahr und Herbst ein (aus der Ferne) sehenswertes Rückzugsgebiet für Kraniche & Co.

Carsten und ich haben während unserer gemeinsamen Fahrten alle Themen dieser Erde besprochen. Es gibt keine Geheimnisse mehr, die sich uns nicht erschlossen haben. Es ist eine Freude mit ihm zu fahren. Er ist ein guter Begleiter, Ratgeber und Zuhörer. Unsere Gespräche gehen oft in die Tiefe. Manchmal sprühen sie vor Humor und ab und zu nehmen wir uns die Freiheit und Lästern schon einmal. Über dieses und jenes, über diese und jenen. Das schöne dabei ist: nichts davon verlässt den Fahrzeuginnenraum. Wir sind verschwiegen und dies nicht nur aus dienstlichen Gründen.

Diepholz. Maschstraße. Wir sind am Ziel. Carsten widmet sich seinen Auszubildenden und Baumaschinen. Und ich versuche, die Truppe an kostenverantwortliches Handeln zu erinnern. Ich arbeite vorübergehend als Controller und Verantwortlicher für die (Arbeits-)Prozessoptimierung. Nein, kein Traumjob. Eine Pflicht.

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Und wenn diese Pflicht zur Qual wird, setze ich mich auf mein Fahrrad, fahre in die „Sandkiste“ und „controlle“ bei „meinen“ Pionieren. Zwischen Ahlmann, Atlas, Zettelmeyer und Faun fühle ich mich wohl. Die lärmen nicht nur, die schaffen auch etwas!

Inzwischen bin ich seit sechs Jahren zu Hause, d.h. ich bin im Ruhestand. Mit dem Erreichen der besonderen Altersgrenze für Berufssoldaten, enden auch tägliche Rituale. Heute sitze ich in einem Wartezimmer im Oldenburgischen und erwarte die mir anvertrauten Kinder. Später werden auch wir Gespräche während der Fahrt führen. Sie werden sich von den Diskussionen, Debatten und Dialogen, die ich so gern mit Carsten führte, unterscheiden, aber ich freue mich auch darauf.