Die Reise nach München

„Der frühe Vogel fängt den Wurm.“ – Wir können zwar nicht fliegen und zum Angeln wollen wir auch nicht, aber irgendwie muss dieser Reisebericht ja schließlich beginnen.

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Die zentrale Lage des Campingplatzes Schloss Issigau ist ideal für einen Zwischenstopp im Frankenwald

Nicht im Frühtau zu Berge, aber im Frühtau in Richtung Berge soll es gehen. Big Bianco steht bereits komplett auf- und ausgerüstet und „in Fluchtrichtung“ auf der Auffahrt. Pünktlich um 06.00 Uhr starten wir am Freitag vor Pfingsten in Richtung Bavaria. Und damit wir dem befürchteten Gedränge auf der A7 entgehen, haben wir schon lange vorher eine Route über Hannover-Braunschweig-Magdeburg-Halle-Hof-Regensburg ausgesucht. Inkl. einer Zwischenübernachtung in Issigau. Im Schloß Issigau, so viel Zeit muss sein. Auf dem Campingplatz des Schlosses Issigau, so viel Ehrlichkeit muss sein.

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Abreise von 7:30 Uhr bis 11:00 Uhr, Anreise von 14:00 Uhr bis 22:00 Uhr

Ohne Frühstück geht es los. Wir wollen an diesem Freitag den 13. erst einmal Strecke machen. Wer weiß, was auf uns zukommt? Vor unserem geistigen Auge tummelt sich an diesem Pfingstwochenende die halbe Republik auf den Bundesautobahnen. Freitag, der 13? Richtig! Und wir haben Glück! Es läuft wie geschmiert und sehr zügig sind wir an Magdeburg vorbei und können unsere hier geplante Frühstückspause ins Visier nehmen.

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Einst Rittergut, heute Campingplatz Schloss Issigau

Nach dem ersten desolaten Parkplatz an der A14 hinter Magdeburg versuchen wir es „auf dem Lande“. Abfahrt Calbe. Fahrt in Richtung Staßfurt über Ullnitz und Förderstedt. Keine Chance. Als zunächst letzte Hoffnung bleibt uns der Parkplatz des real-Marktes in Staßfurt. Big Bianco macht seinem Namen alle Ehre und mir Mühe, den Parkplatz zu befahren. Nee, geht beim besten Willen nicht. Nachdem uns ein Laternenpfahl und ein geparkter VW Golf mit allem Nachdruck klar machen, dass es hier sehr eng zugeht und kein Platz für uns ist, ziehen wir zurück auf die A14.

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O Täler weit, o Höhen, o schöner grüner Wald, du meiner Lust und Wehen andächtger Aufenthalt. (Joseph von Eichendorff (1810))

Der nächste Parkplatz ist der unsrige. Egal, was uns dort erwartet! In Höhe Beesedau heißt es dann: „Alle Maschinen: Stopp!“ Nicht so genau hinsehen und -riechen, die Tür schließen, so muss es eben gehen.

Später fahren wir auf der A9 über Droyßig, Eisenberg und Lederhose (die Anschlussstelle heißt wirklich so) zur AS Berg/Bad Steben. Hier geht es vorbei an Reitzenstein nach Issigau.

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„Gemeinde Issigau – Das Tor zum Frankenwald“

Schnell haben wir uns für die Übernachtung auf dem erstmals 1398 erwähnten Eigentum der Herren Reitzenstein zu Reitzenstein eingerichtet. Seinerzeit noch eine Burg, später ein Lustschloss, heute unser Campingplatz. In leichter Schräglage kocht die beste aller Ehefrauen Kaffee. Nicht sie, aber der Fendt steht nicht einwandfrei in der Waage. Für eine Nacht wird es reichen.

Bei unserem Spaziergang durch Issigau finden wir den örtlichen Kaufmann. Meine  brennende Frage: „Welches Bier trinken Issigauer?“ kann mir die nette Inhaberin spontan beantworten. Wir kommen ins Gespräch, stellen fest, dass wir, wenn auch nicht gemeinsam, so doch zeitgleich in den USA gelebt haben und reden noch lange und ausführlich über „die Staaten“ sowie „Gott und die Welt“.

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Simon-Judas-Kirche zu Issigau

Am Abend essen wir im Schankraum des Schlosses und bilden uns gern ein, dass wir, wenn wir nur ganz genau hinhören, die Gesänge der Landsknechte aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges hören. Gut, dass wir nicht auf der Flucht sind. So können wir unsere Weiterfahrt am nächsten Morgen in Ruhe angehen, gemütlich frühstücken und unsere Siebensachen packen.

Kurz vor München erwischt es uns dann: 14 Kilometer Stau. Viele Wege führen nach Rom, aber für uns augenblicklich nur dieser eine nach München. Wir sind nicht allein, um uns herum pulsiert das automobile Leben.

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Campingplatz Obermenzing

Dann wird es wieder gemütlich. Wir rollen mit den gewohnten 100 Km/h, den artig folgenden Big Bianco „am Haken“. Über die A92 und 99 kommen wir in Obermenzing an. Mittagspause 12.00 Uhr bis 15.00 Uhr. Es ist 13.15 Uhr. Doch wir müssen nicht warten. Ein freundlicher Mitarbeiter lässt uns auf den Platz. Darüber sind wir froh. Nicht der Himmel. Es regnet. „Was kümmert es die deutsche Eiche, wenn …?“

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Einparken auf den Millimeter genau. Mit der Rangierhilfe, die ich nie mehr missen möchte, ein Kinderspiel. Vielen Dank an die „Gerätetechnik in Putzbrunn“!

Als wir den Big Bianco „trumatisiert“ (früher, ohne Rangierhilfe, schrieb ich noch von „einparken“), ausgerichtet und aufgebaut haben, hört es natürlich auch auf zu schauern. Na, wenn das kein glücklicher Zufall ist! Auch Luna ist sehr zufrieden. Sie hat das ganze Geschehen bei geöffneter Heckklappe aus dem Auto beobachtet. Wir meinen, sie lächelt ein wenig verschmitzt und will uns sagen: „So schnell seid ihr noch nie gewesen.“ Aber das würde sie natürlich nicht einmal denken.

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Ihren wachsamen Augen entgehen weder Fasan, Hase & Co, noch Fehler beim Aufbau des Big Bianco

Am Abend sitzen wir, dem bayrischen Motto „Hock di hera, dann samma mehra!“ (Setz´ Dich zu uns, dann sind wir mehrere!) folgend, zu sechst im Grünen Baum in der Obermenzinger Verdistraße und lassen es uns bei Griesnockerlsuppe, Ochsenlende, Zwiebelrostbraten, Anguslende und der obligatorischen Haxe, die wieder einmal so etwas von lecker ist, sehr gut gehen. Begleitet von Augustiner Hell und Maibock, ruft dieser Abend auch nach dem einen und anderen „Wildsautropfen“. – Natürlich aus rein gesundheitlichen Gründen.

In Bayern ticken die Uhren anders. Zügiger, weil die Zeit wie im Fluge vergeht. Also, nichts gegen die bayrische Gemütlichkeit. Apropos zügig. Testfahrt gefällig? Am Pfingstsonntag erlebe ich eine eindrucksvolle Demonstration, wie tieffliegend und schnell man mit einem allradgetriebenen, achtzylindrischen, hubraumgewaltigen, 450 PS starken Katapult mit 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe aus Ingolstadt in gefühlten 5,837 Sekunden die 11 Kilometer zwischen dem Kreuz München West und der AS Eschenried zurücklegen kann. – Danke, Peer!

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Gasthof Alpenwildpark am Fuß des Wallbergs in Rottach-Egern

„Back to the roots“. Am Pfingstmontag fahren wir ins Tegernseer Tal. An den Fuß des Wallbergs. Hier trieb „Vaddern“ einst sein jugendliches Unwesen. An der Talstation der Wallbergbahn liegt der Gasthof Alpenwildpark. Es ist 16.00 Uhr. Es herrschen erfrischende 5,5°C. Kaffee-und-Kuchen-Zeit. Ungeachtet der lautstark zu erwartenden Proteste gewisser Personenwaagen stellen wir uns der Herausforderung: Aprikosenkuchen. Stücke in ungeahnten Dimensionen werden später dafür sorgen, dass soeben erwähnte Waagen es nicht wagen, zu wiegen. Zu schwerwiegend könnten die Ergebnisse ausfallen. – Ahnungslosigkeit heuchelnd wiegen wir uns in Sicherheit.

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Im Kurpark Bad Kissingen

Das Pfingstwochenende ist viel zu schnell vergangen. Plötzlich befinden wir uns „auf der Bahn“. Es geht zurück in Richtung norddeutsche Tiefebene, aber eine Zwischenübernachtung werden wir uns noch gönnen. Auf halber Strecke? Oder vielleicht doch noch in Bayern? Oder in Hessen? Oder doch erst in Niedersachsen? Fragen über Fragen. Wir haben es nicht leicht, wir Zugvögel.

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Blick auf die Kurhausstraße

Wir sind im Landeanflug auf Bad Kissingen. Bei Würzburg verlassen wir die Autobahn und fahren über Berg und Tal, ohne Stock und Stein auszulassen, erst einmal „zum Bunkern“ nach Hammelburg. Im örtlichen E-Center („Wir lieben Lebensmittel“) bekommen wir alles, was das Herz begehrt, z.B. Maria Ehrenberger Pilgerstoff, die süffige Bierspezialität mit der samtig weichen Schaumkrone. Ach ja, „weitere“ Lebensmittel gibt es dort auch.

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Camping-Park Bad Kissingen. Hier geht´s rein

Am Eingang zum Camping-Park Bad Kissingen, der nur 10 Minuten von der Innenstadt entfernt liegt, liegen mehrere Camper „auf Reede“. Nichts rührt sich. Wir stehen mitten auf der Straße und halten den Verkehr auf. Die beste Ehefrau von allen klärt die Situation: die Mittagspause ist längst beendet, an der Schranke steht niemand, die Rezeption ist besetzt. Wir starten durch und machen uns mit dieser Aktion unter Umständen viele „Freunde“. – „Schietegal“, erst einmal von der Straße, die wir blockieren. „Wenn die anderen nicht wollen.“ – Komisch, auf einmal wollen die auch.

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Wenn alle Brünnlein fließen, so muss man trinken …

Wir schlagen unser Nachtlager an der Fränkischen Saale auf und gelangen durch den Kurpark direkt nach „downtown bad Kissinger“. Kurgarten, Rosengarten und Luitpoldpark sind über Stege und Promenadenwege direkt miteinander verbunden. Allerdings begleitet uns Luna, die kleine Heidewachtel, die es nicht verlernt hat, dass ihr Herz für die Jagd schlägt. So vergeht erst einmal einige Zeit im Kurpark, da sie sich gründlich und „tief gehend“ den Enten und Schwänen widmen muss. Nur schwer ist sie von einer „näheren Begegnung“ abzuhalten und drängt vehement auf eine erneute Buchung im Camping-Park Bad Kissingen. – „Enten, Enten auf den Wiesen, auf den Gräben, auf dem See! Sei das Waidwerk hoch gepriesen! Wer nicht mit kann, dem ist weh!“ (Quelle: „Entenjagd“, Text: Gruppe, aus „Das Waldhorn“ von H. G. von Warburg, Berlin 1844)

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Eine der zahlreichen Brücken und Stege über die Fränkische Saale im Kurpark Bad Kissingen: der Preußensteg

Vorbei an der Spielbank Bad Kissingen und der Brunnen- und Wandelhalle „arbeiten“ wir uns zum Rathausplatz vor, drehen eine Runde durch die Bachstraße, über den Eisenstädter Platz und die Mühl- und Weingasse und kehren durch den Luitpoldpark zum Camping-Park zurück. Ja, in einem „Bad“ gibt es eben viele Plätze, Gassen und Parks.

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Spielbank Bad Kissingen

Tags darauf rüsten wir für die Heimfahrt. 500 Kilometer liegen vor uns. Eine eher zu lange Etappe, wie wir später feststellen sollen. – „Man reist ja nicht um anzukommen.“

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Stolpersteine „Untere Marktstraße 1“, Bad Kissingen

Während der Fahrt „läuft alles wie am Schnürchen“; wir starten ausgeruht und haben ohnehin auf üppige Mahlzeiten verzichtet. Bis auf ein wenig „Getümmel“ am Bremer Kreuz haben wir stets freie Fahrt, aber im „Kampf“ auf deutschen Autobahnen geht´s nicht immer freundlich zu. Drängler sehen wir kaum, da sie fast immer hinter dem Big Bianco „verschwinden“. Notorische Linksfahrer sind für uns und unsere Reisegeschwindigkeit nebensächlich. Aber wenn wir dann auch mal „nach links“ möchten, weil wir auf ein langsam fahrendes Fahrzeug „auflaufen“ und kein Mensch lässt uns, obwohl wir rechtzeitig unseren beabsichtigten Spurwechsel ankündigen, ja, da fällt es dann schon einmal schwer, „locker zu bleiben“. Besonders dann, wenn die Lücke groß genug wäre, aber diese bei unserem ersten Blinken „unsportlich“ geschlossen wird. – „Paprika, mir kocht die Blut!“ Doch was hilft´s? Dadurch werden diese „gedankenlosen“ Zeitgenossen auch nicht freundlicher.

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Bad Kissingen

Welche Erfahrungen haben wir gemacht? Beim nächsten Mal wird nicht alles, aber einiges anders: kürzere Etappen, mehr über´s Land als auf der Bundesautobahn fahren. Und bestimmt die eine und andere Pause und Zwischenübernachtung mehr, denn „Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon.“ (Augustinus Aurelius)

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An der Fränkischen Saale in Höhe der Stadtwerke Bad Kissingen

3 Kommentare

  1. Hier schreibt dein größter Fan aus dem Osten . Mit viel Freude lese ich immer Deine Reiseberichte, die mit so viel Humor, Scharfsinn und spürbarer Erlebnisfreude vermittelt werden. Ich bin selbst gerne ein Reisender, ein naturliebender Wanderer und ein echter Genießer aller lebensbereichernder Dinge. Unser Jagdhund ist wie Euer „Frollein“ unser Ein und Alles, und immer an unserer Seite , jederzeit zu allen Unternehmungen bereit. Ich freue mich auf die nächsten Reisekommentare und kann nur bitten, hör nie auf zu schreiben. Und vielleicht treffen sich ja schon bald in wunderbarer Landschaft unsere Wege 🙂

    1. Hallo Tina, ich erröte bei so viel Lob! Vielen Dank für Deinen Kommentar, den ich natürlich sehr gern gelesen habe. – Ja, wir planen bereits die nächste große Reise und der Weg in die wunderbare Landschaft ist da natürlich inbegriffen!

  2. … at paß emacht, auch enn o ancher onsonant icht itgekommen ist it uns. eil ir o chnell aren, ach angwied und urück.
    ile rüße und eiterhin ute eisen in eurem luchtwagen!
    eer

    hsgwmknmmwwsswnlzvgwgrlp (das hat alles gefehlt, aber lesen konnte man es trotzdem 😉

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