Wenn der Wasserkessel meiner Oma ein Loch hatte, dann ging sie zum Kupferschmied oder zum Kesselflicker, um das gute Stück reparieren zu lassen. So wurde dem verderblichen Werk des Kesselsteins, einer „versteinerten“ Ablagerung an den Wänden des damals nahezu unverzichtbaren Küchengerätes, Einhalt geboten. Und bevor Opa „wie ein Kesselflicker schimpfen oder gar fluchen“ konnte, floss bereits wieder kochendes Wasser durch den Kaffeefilter, über das Kaffeemehl und in die vorgewärmte Kanne. Der Filterkaffee, dieses koffeinhaltige Heißgetränk, das auch heute aus gerösteten und gemahlenen Kaffeebohnen „destilliert“ wird, war fertig.

Das anregende Getränk, das in Anlehnung an seine Ursprungsregion Kaffa gemeinhin als Kaffee bezeichnet wird, lässt viele am Morgen erst so richtig aufwachen. Die Entdeckung, dass die Kaffeemaschine unangekündigt ihren Geist aufgab, kann da leicht zum Albtraum werden. Zum Glück gibt es auch löslichen Kaffee: Wasser erhitzen, genügend Kaffeepulver in einem Messbecher, das heiße Wasser auf das Kaffeepulver, den Kaffee ziehen lassen. Oder besser: stehen lassen! Denn wer trinkt löslichen Kaffee?

Oma besaß eine Kaffeemühle. Darin mahlte sie den gerösteten Kaffee. Im Krieg (1939 bis 1945) röstete sie frische Bohnen schon einmal des Nachts in einer Pfanne. Warum mitten in der Nacht? Damit nicht alle Nachbarn „zufällig“ vor der Tür standen. Einige waren es aber doch: die witternden Schlaflosen.
Oma und Opa tranken Filterkaffee. Wir hatten irgendwann eine Kaffeemaschine, die uns vollen Kaffeegenuss und optimale Kaffeetemperatur bescherte. Später glitten wir in Richtung Pad-Kaffeemaschine ab, der eine Kapselmaschine im retro-modernen Design folgte. („Wir produzieren 4000 Tonnen Kaffeekapsel-Müll“ Birger Nicolai am 08.01.2014.)
Heute besitzen wir einen Kaffeevollautomaten. Früher tranken wir „Kaffee“. Heute haben wir die Qual der Wahl zwischen Arabica, Robusta, Liberica und Maragogype. Auf den „Katzenkaffee“ Kopi Luwak haben wir, wie auch auf „Blümchenkaffee“, gern verzichtet. Und Muckefuck kommt nicht ins Haus, geschweige denn in die Maschine!
Oma und Opa tranken, wie zuvor (nostalgisch) erwähnt, Filterkaffee. Und war der Wasserkessel zur Überarbeitung beim Kesselflicker, dann wurde das „Gewässer“ in einem Topf zum Kochen gebracht. Ein Stromausfall war völlig uninteressant, da Oma die Kaffeemühle von Hand bediente. Und das Wasser erreichte seinen Siedepunkt klassisch auf dem Gasherd.

Heute stehe ich vor unserem Kaffeevollautomaten aus Trevisio, blicke auf die Bedienblende, achte auf Kontrolllämpchen und habe den Sinn ihres dauerleuchtenden und/oder blinkenden Schauspiels verinnerlicht, ich habe zu allem Überfluss einen Enthärterfilter in die Maschine eingesetzt, bestimme Kaffeemenge und -stärke, habe das Mahlwerk und die Temperatur optimal eingestellt, habe mich mit den Handgriffen zur Reinigung der Abtropfschale, der Kondenzwasserschale, des Wassertanks, der Ausgüsse des Kaffeeauslaufs, des Kaffeepulvereinfüllschachtes und der Brüheinheit ehrgeizig und verlässlich vertraut gemacht. Ich habe die Wasserhärte programmiert und mich mit dem Entkalken der Maschine befasst. Ich beachte die grundsätzlichen Sicherheitshinweise und komme schließlich sogar dazu, eine „vollautomatische“ Tasse Kaffee oder einen Espresso zu trinken!
„Der Kaffee ist fertig, klingt das net unheimlich zärtlich? Der Kaffee ist fertig, klingt das net unglaublich lieb?“ (Peter Cornelius. Einer seiner vielen Songs trägt den Titel: „Treib mi net zum Wahnsinn, Liebling“)