Dänemark – Det er dejlig

Wenn früh am Morgen der Wecker tobt, dann geht es nicht immer „auffe Abeit“, dann geht es mit Big B. auch schon einmal auf Tour. Und in diesem Fall sogar auf Fernreise. Unsere zweite FRCF (Fendt Reisecaravanfahrt) über die bundesdeutsche Grenze. Wir haben wieder reserviert: Vikær Strand Camping in Haderslev, Dänemark.

Vikær Strand Camping, Dundelum 29, 6100 Haderslv, Dänemark

Am vergangenen Wochenende wollten wir mal eben nach Hildesheim und fanden uns in einem 12 Km langen Stau bei Bremen wieder. Damit es heute reiselustiger und reibungsloser verläuft, wählen wir die landschaftlich reizvolle Strecke um Bremen herum: durch den Wesertunnel und „über´s Land“ zur Anschlussstelle Zeven der BAB 1.

Morgens um sieben … ist die Welt auch in Ordnung

Es ist Himmelfahrt. Wir treffen schon kurz hinter Wiefelstede auf einen „dörflichen Charakter“, der uns mit seinem abgekämpften Viehanhänger im Schlepp und aus einer Nebenstraße rumpelnd, um 06.45 Uhr ebenso ungestüm wie schlaftrunken-gleichgültig zu einem couragierten Abbremsen im XXL-Stil zwingt.

Darf bei keinem Dänemark Urlaub fehlen: das obligatorische Rapsfeldfoto

Wir schlängeln uns auf der A7 durch nicht enden wollende Baustellen an Hamburg vorbei, werden von bedenklich angsterfüllten Fahrerinnen und Fahrern, die sich auf „ihrem“ 2,10 m breiten linken Fahrstreifen überhaupt nicht wohl fühlen, diesen zu verlassen sich jedoch deutlich weigern, bedrängt und in die Enge getrieben und werden schließlich, es ist eigentlich ein Lkw-freier Feiertag, von einem erkennbar intellektuell entkräfteten Brummifahrer attackiert. Es besteht kein Überholverbot, wir fahren mit 60 Km/h in der linken Spur, die sich in 700 m verjüngen wird, auf den Grenzübergang zu. Das will dieser Kapitän der Landstraße verhindern. Schon von weitem sehen wir ihn Schlangenlinien fahrend andere Verkehrsteilnehmer in Richtung des Mittelstreifens abdrängen. Dann sind auch wir an der Reihe. Ich fasse mich kurz: wir lassen uns nicht „ablenken und verleiten“ und werden uns auch weiterhin partnerschaftlich gegenüber Lkw FahrerInnen verhalten.

Lunas „Badesachen“, die später zum Einsatz kommen werden

Wir sind in Dänemark. Endlich! Nach 399,26 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 74,4 Km/h gefahrenen Kilometern sind wir in der Kommune Haderslev angekommen. Ja, unsere maximale Geschwindigkeit betrug, um diesen Schnitt zu halten, 112 Km/h. Aber da uns dies nicht erlaubt ist, ist unser „Aufzeichnungsgerät“ (GPS Logger) sicherlich durch Erdstrahlen abgelenkt worden. Was sonst könnte die Ursache sein?

Dundelum. Nein, kein Kinderreim, so heißt die Straße

„100 Km/h“ dürfen wir mit Big B. im Schlepp in Deutschland fahren. In Dänemark gilt dies nicht. Für Wohnwagengespanne heißt es hier vom Gesetzgeber: auf Schnellstraßen(!) und außerorts 70 Km/h. Und auf dänischen Autobahnen, trotz unseres bundesdeutschem ge- und besiegeltem „100 Km/h Stickers“ am Fendtschen Heck, sind 80 Km/h das Höchste der Gefühle. Nur wenn man eine dänische Plakette, erhältlich in dänischen Prüfstellen, „fährt“, dann darf man, wenn man will. – Uns haben sie nicht mit „100 Sachen“ in flagranti ertappt. Und wenn, dann wäre es richtig teuer geworden, verriet mir unser dänischer Bekannter Eric aus Starup.

Eine leichte Steigung. Mit dem Lunamobil samt Insassin im Schlepp sieht´s dann ganz anders aus!

Am Vikær Strand schließt sich um 12.00 Uhr die Schranke zur Mittagsruhe. Wir stehen nach einer „kleinen verkehrsbedingten Umleitung“ in Aabenraa um 11.58 Uhr auf unserem Stellplatz 239. Ein „plads med havudsigt“, d.h. wir stehen in Reihe 1 am Strand. Einrichten und Aufbau gehen wie gewohnt schnell von der Hand und schon gibt es Bockwurst und Kartoffelsalat. „Die Beste von allen“ hat mal wieder an alles gedacht.

„Wer wagt es, mich beim Sonnenbaden zu stören?“

Luna ist ein wenig verschnupft: sie liegt angeleint vor unserem Wohnwagen. So wollen es die Platzordnung und die dänischen Behörden. Ein wenig frustriert beobachtet sie die fünf Artgenossen, die stürmisch und „Leinen los!“ in die Fluten der Diernæs Bugt sprinten. – „Warum die und ich nicht?“ „Luna, es wird sie immer geben: die mit der Extrawurst.“

Ein ahnungsloses dänisches Kaninchen. Längst erkannt und im Visier des angeleinten Frolleins

In der Ferne grummelt sich ein heranziehendes Gewitter so einiges in die geschlossene Wolkendecke. Der später einsetzende Regenguss erwischt uns nicht unvorbereitet: alles ist hoch und trocken verstaut. „Na, gut!“ höre ich das Gewitter sprechen, „dann eben Blitzschlag!“ Und „zack“, ist der Strom weg. – „Ha, ha!“, wir sind autark!

Grethe´s Pølser. Nun unter der Leitung von Carsten Dyeremose

Nach dem Begrüßungsdonnerwetter lacht die Sonne. Wir haben strahlendblauen Himmel und bestes Wetter. Weht auch gegen Abend ein kühler Wind aus der Diernæs Bucht, so reicht es bereits für den ersten leichten Sonnenbrand.

Sie steht immer noch: die Brücke am Strand

Auf den Fahrrädern erkunden wir die nähere Umgebung um Diernæs. Das Frollein an der Leine und das „Lunamobil“ (Lunas Trixie-Hundeanhänger) im Schlepp, Caravaner können eben nicht ohne Anhänger aufbrechen, fahren wir auf dem Bræråvey zum Slivsø und weiter nach Sønder Vilstrup. Auf uns aus alten Zeiten noch gut geläufigen Schleichwegen gelangen wir zurück an den Diernæs Strand und suchen hier nach „unseren“ Ferienhäusern, die wir Ende der 1980er Jahre immer wieder einmal gemietet hatten. Die kleine Brücke über diesen schmalen Graben zwischen der Sommerhaussiedlung und dem Campingplatz gibt es auch noch, so können wir auf direktem Weg zurück zum Vikær Strand Camping fahren. Big B. freut sich, dass wir zurück sind. – So ein Caravan ist schließlich auch nur ein Mensch.

Die Kirche in Hoptrup

Es freuen sich auch Irene und Eric, die wir, nachdem wir sie vor ca. 30 Jahren zum letzten Mal sahen und sprachen, in Starup besuchen. „Nur eben auf eine Tasse Kaffee“ wollen wir die beiden treffen und dabei „ein wenig“ über die alten Zeiten sprechen. Nach knappen vier Stunden brechen wir dann wieder in Richtung Campingplatz auf und stellen während der Rückfahrt fest, dass wir bei weitem nicht alles mit ihnen besprochen haben.

Der Feld-, Wald- und Wiesenweg

Zwischen sieben und acht Uhr drehen das Frollein und ich jeden Morgen unsere Runde. Entlang der Straße nach Dundelum haben wir einen Feld-, Wald- und Wiesenweg gefunden, der uns direkt zum Havveyen in Richtung Diernæs Stranden führt.

Diese Werbung kennen wir noch aus den „gute, alten Søstjernen-Imbisszeiten“ der 1980er Jahre

Hinter dem einstigen Imbiss „Søstjernen“, der sich im Laufe der Jahrzehnte zu einem noblen Restaurant mit erforderlicher und frühzeitiger Tischreservierung gewandelt hat, suchen wir uns jedes Mal eine neue Gasse durch die Sommerhaussiedlung, um zum Vikær Campingplatz zurückzukehren.

… der Feld-, Wald- und Wiesenweg

„Ohh, Hamburg meine Perle, du wunderschöne Stadt. Du bist mein zu Haus, du bist mein Leben, bist die Stadt auf die ich kann, auf die ich kann.“ („Hamburg (Meine Perle)“ Songtext: Lotto King Karl) klingt es am Samstag laut über die Bucht. Nach mehr als 54 Jahren ist der HSV erstmals aus der Bundesliga abgestiegen und wir denken, dass ein wahrer HSV-Fan mit diesem Lied seinen Kummer über den Abstieg des Hamburger Sportvereins zum Ausdruck bringt. Ein Moment, der auch dem absoluten Fußballlaien unter die Haut geht. Anders reagieren an diesem Tag die schwach an Seele und Geist ausgerüsteten Chaoten in der Hansestadt. Aber dies soll hier kein Thema sein.

Am Strand von Tormaj

Am Strand von Tormaj sammeln wir Rollholz, auffällig schöne Steine und genießen den Blick auf die Bucht. Luna ist völlig aus dem Häuschen und weiß nicht so recht, ob sie den Fährten entlang der Steilküste folgen, uns beim Holzsammeln helfen oder doch lieber ein Bad in der Ostsee nehmen soll. Allerdings sind da dann auch noch diese kleinen Seesterne, die sie noch nie probiert hat. Um noch einmal auf die auffällig schönen Steine zurückzukommen: nachdem wir uns daran erinnern, dass wir einen Pkw und keinen Muldenkipper fahren, lassen wir die gefühlten 564 Kg „Kieselsteine“ am Strand zurück. Aber die vier Raummeter Treib- und Rollholz kommen mit!

Tormay Stranden „Kieselsteine“ und Rollholz en masse

Am dritten Tag sind unsere Vorräte zwar nicht aufgebraucht, aber wir brauchen etwas typisch Dänisches auf den Tisch. Unser einstiger Lieblingsdiscounter hat sich in Westdänemark inzwischen rar gemacht. „Superbrugsen“ gibt es in Rødekro und Løjt Kirkeby. Dorthin sind uns heute die Entfernungen zu groß und so landen wir in Haderslev bei Lidl. Auch hier gibt es diesen einzigartigen Jordbæryoghurt (Erdbeerjoghurt), diese unvergleichliche Leverpostej (was es auch immer sein mag, es schmeckt wie Leberwurst), den köstlichen Rejeost (ein Schmelzkäse mit Krabbenfleisch), die Gaardmand skrabeæg von glücklichen dänischen Hühnern und das 7,9 Vol% Strong Beer. Letzteres nach dem deutschen Reinheitsgebot und in Deutschland für Lidl Dänemark gebraut. Naja, wir leben in Europa, da kann es auch in Dänemark schon mal ein deutsches Bier sein. Natürlich darf Gemüse nicht fehlen: Radiser und Forårsløg (Frühlingszwiebeln) sorgen für Gesundheit beim Camping. Und wer hat den „Jagdstolz Bitter“ unter die Packung mit dem Basissalat in den Einkaufswagen gelegt? – Wir werden es nie erfahren.

Vilstrup Kirke

Mit dem Lunamobil im Schlepp brechen wir wieder nach Sønder Vilstrup auf. Wir wollen uns noch einmal die Kirche, die wir bei unserem letzten Besuch vor vier Jahren nur im strömenden Regen sahen, anschauen. Schon von der Hauptstraße sehen wir das eindrucksvolle weiße Gebäude. Die Dannebrog (offizielle dänische Nationalflagge) weht vor dem Glockenturm der Vilstrup Kirke. Ein eindrucksvolles Bild, von dem wir sofort einige Aufnahmen machen. Und als wir dies erledigt haben, wird die Flagge auch schon eingeholt. Glück gehabt, so etwas sieht und fotografiert man nicht alle Tage.

Vilstrup Kirke

Wir haben uns auf unseren Aufenthalt im Vikær Strand Camping vorbereitet. Wir haben den Lageplan studiert, über google maps den Platz aus der Vogelperspektive betrachtet und Bewertungen in einschlägigen Foren gelesen. Wir wissen, dass man nicht alles uneingeschränkt glauben darf und soll, uns unsere eigene Meinung gebildet und haben dann gebucht. Wir kennen die Gegend um die 700 Jahre alte Stadt Haderslev von unseren früheren Besuchen. – „Ja, nun lass´ die Katze aus dem Sack!“ höre ich die LeserInnen rufen.

Slipanlage Vikær Strand Camping

Also: Ein Stellplatz direkt am Strand mit einem ungehinderten Blick auf die Bucht von Diernæs hat zweifelsohne seinen fernblickenden Reiz. Liegt dieser Stellplatz allerdings an der Straße zur Slipanlage des Platzes, dann kommt „Leben in die Bude“. Besonders an langen Wochenenden wird diese Straße für großen Menschenmengen mit und ohne ihre vierbeinigen Begleiter zur Flaniermeile zwischen der Rezeption und eben diesem „Bootssteg“. Am Freitag und Samstag können wir uns des Gefühls, die komplette dänische Fischereiflotte nebst bundesdeutscher Fischereigenossenschaftler wurde in Vikær zu Wasser gelassen, nicht erwehren. Halten sich auch alle, selbst bundesdeutsche AutofahrerInnen mit und ohne Bootstrailer, an die vorgeschriebenen 10 Km/h, so neigt eine trockene Schotterstraße dennoch zu einer aktivieren Staubentwicklung und das stete Knirschen des Schotters überträgt sich irgendwann auf meine Zähne. Hunde an flexiblen Endlosleinen, die überall herumschnüffeln dürfen, weil ihre HalterInnen den ungezügelten Bewegungsdrang auf abgelegene Terrain stets sehr stoisch beurteilen, bringen irgendwann auch das gelassenste Frollein in Fahrt.

Wir suchten nach eine neuen Lampe für unsere Küche. Diese hing uns allerdings zu hoch

Es fällt auch mir nicht auf Anhieb leicht, aber, wenn man die Ruhe und Gelassenheit der dänischen Camper annimmt, „fünfe auch einmal gerade sein lassen kann“, es annehmen kann, dass auch am Sonntagmorgen der Rasen gemäht wird, wer hätte dies bisweilen nicht selbst gern einmal auf der eigenen Scholle getan, wem der bunte Mix aus Männlein und Weiblein in den Sanitärgebäuden nicht in Bedrängnis bringt und wer es erkannt hat, dass dänische Gespräche und Unterhaltungen für „des Michels Ohren“ ein wenig lebhafter und vernehmlicher geführt werden, der ist in diesem Winkel unserer Erde gut aufgehoben.

Was andere können, können …

Beim nächsten Mal verzichten wir dann auf den „plads med havudsigt“ und buchen einen Stellplatz auf der grünen Wiese. Wir haben da schon einen ins Auge gefasst. Übrigens: am Sonntag ab 16.00 Uhr herrscht abrupt Grabesstille am Strand und auf den Wegen, denn auch die Dänen müssen am Montag wieder arbeiten. Zumindest außerhalb der Ferienzeit.

Kalvø

Die Kraftstoffvorratsanzeige (so der Bundeswehr Sprachgebrauch für Bezinuhr) zeigt nicht nur „Nichts“ mehr an, sie schreit um Hilfe. Bevor wir nach Kalvø aufbrechen, sorgen wir für Abhilfe. Und siehe da, es sind doch tatsächlich noch „gute 3,5 Liter Diesel an Bord“! Warum die Aufregung?

Muss man mögen. Und wenn, dann …

Eine Bucht neben unserem „Meerbusen“ liegt die Genner Bugt. Hier wollen wir uns den kleinen Ort, besser das kleine Fischerdorf, Kalvø ansehen. Es ist schnell erreicht und auch erkundet, so fahren wir weiter nach Haderlev. Hier findet sich seit Jahren am Teaterstien 2 der Imbiss „Grethes Pølser“. Für uns die erste Adresse, wenn es um Hot Dogs geht. Bevor wir in die Fußgängerzone zu „Imerco Home Butikker“ aufbrechen, hier haben wir schon vor Jahren unsere „yndlingsbutik“ (Lieblingsgeschäft) für Haushaltswaren entdeckt, heißt es allerdings „Hot Dog fassen bei Grethe!“ Wieder enttäuscht uns Grethe nicht und auch Imerco hat erwartungsgemäß „Dies & Das“ für den „Außenhandel“ nach Wiefelstede in den Regalen stehen.

Kalvø

Nach fünf Tagen in Dänemark heißt es für uns schließlich „Leinen los und Segel setzen!“ Es geht zurück nach usA (unser schönes Ammerland). Und wenn wir allein an den uns erwartenden Baustellenverkehr vor, um und hinter Hamburg denken, dann könnten wir sofort noch eine Woche Vikær Strand Camping dranhängen, aber auch dann werden sie immer noch auf der A7 „buddeln“.

Dänemark: Det er dejlig. (Es ist schön.)

„Auf Wiedersehen!“