Von der B436 kommen sie auf die A28: Ein Lkw, ein Wohnmobil und zwei Wohnwagengespanne. Und wie es ihnen die ostfriesische Freiheit gebietet, „Eala Frya Fresena“, ziehen die Friesenkinder an der Anschlussstelle „Leer-Ost“ auch wie selbstverständlich auf den rechten Fahrstreifen. Wen interessiert da der Ammerländer, der eigentlich nur im Weg ist? Ich weiche auf die linke Fahrbahn, die zu diesem Zeitpunkt noch frei ist, aus. Und komme nicht mehr „nach rechts“: Die „frei geborenen Camper“ halten keinen Abstand. Keine Lücke, keine hohle Gasse, in die ich schlüpfen könnte. Also, den ganzen Möchtegern-Konvoi überholen. Inzwischen habe ich Karl Napf (Name frei erfunden) aus dem östlichen Schwarzwald hinter mir. Lichthupe, drängeln, auffahren, „Hier komme ich!“ Ich bin endlich wieder auf und in der rechten Spur. Karl Napf, der rastlos-rasende Rastätter, nun neben mir: Wild gestikulierend dreht er gerade vollkommen durch und spielt den wilden Mann. Könnte er sich nur selbst sehen! Dann biegt der gestresste Karl nach 800 m auf die A31 in Richtung Emden ab. – Ich will es eigentlich nicht schreiben: Ein übergeschnappter Vollpfosten.

Die Fahrt ins Emsland geht gut los. Es folgt noch der Betonmischer, dem ich in der 80 Km/h Zone vor dem Emstunnel ahnungslos den Weg frei mache. Er beschleunigt und fährt nun konstant neben mir. Ich sitze im Emstunnel auf der linken Spur fest. Wie verwirrt muss man sein? Nein, es handelt sich sicher um extrem schnell bindenden Beton und der nette Fahrer, vielleicht Karl Napfs Bruder(?), hat es daher etwas eiliger und nur vergessen, das Blaulicht an seiner Mischmaschine einzuschalten.
Um 10.30 Uhr rollen wir ins Emstal. Hinter der Schranke zum Campingplatz setzt sofort die Entspannungsphase ein. Vergessen sind die beiden Helden der Autobahn und auch die vom Weg abgekommene Dame auf dem NP-Parkplatz in Walchum, die mir auf ihrer Kreuz-und-Quer-Fahrt beinahe die Autotür aus der Hand fährt. – So, aller guten Dinge sind drei. Wochenende!

Etwas aus der Übung gekommen, dauert es länger als gewohnt bis Big B. eingeparkt, ausgerichtet und aufgebaut ist. Markise ausfahren, Vorzeltteppich auslegen, Stühle, Tische und fertig. Von wegen! Das Frollein und ich reisen allein. Drinnen geht es weiter, denn die Beste von allen ist nicht mit von der Partie.

Wir drehen unsere erste Runde an der Ems und am Dortmund-Ems-Kanal. Wir treffen eine nette Dame mit ihrem 16 Jahre alten(!) Terrier und unterhalten uns „ewig und drei Tage“. Komisch, wir kennen uns nicht, aber mit einem Hund an der Leine gibt es immer ein Thema, meistens ein tierisches. Wir ziehen weiter, drehen an der Schleuse in Düthe um und laufen den Weg zurück. Keiner von uns verspürt die leiseste Lust, entlang der Straße zurück zum Campingplatz zu laufen. Die drei Abenteuer vom Vormittag sind noch zu präsent. Wer weiß, wer und was auf der Brinkstraße auf uns warten könnte?

Es ist 01.48 Uhr, nein, nicht 13.48 Uhr. Wir kehren von unserer Emstalpatrouille zurück. Das Frollein meinte, es sei an der Zeit gewesen, da wir pandemiebedingt hier lange nicht unsere Runden drehen konnten, einmal nach dem Rechten zu sehen. Natürlich gibt es nichts von Bedeutung zu berichten, allerdings habe ich eiskalte Füße bekommen. – Komisch, obwohl ich keine Socken trug.

Gegen 03.30 Uhr versucht es das Frollein in dieser Nacht erneut. Ich mache ihr klar, dass sie sich bereits jetzt auf dünnem Eis bewege und sie sich gern sofort und allein auf den Heimweg nach Wiefelstede machen könne, sollte sie diesen Gedanken nicht schleunigst verwerfen. Das wirkt. Und ich liege noch ewig wach. Um 07.00 Uhr setzt das bekannt bewährte sich Recken, Strecken und nicht zu überhörende Gähnen der Kleinen Münsterländerin ein. Gut erholt steht sie neben dem Bett und mimt die Unschuldige: „Na, auch so gut geschlafen wie ich. Ach, was für ein wunderschöner Morgen! Also, wir könnten ja eine Runde drehen, oder?“ Ein herrlicher Gedanke. Ich wollte ihn ebenfalls gerade aussprechen.
Die Sonne versteckt sich noch hinter den Bäumen entlang des Dortmund-Ems-Kanals. Nebelschleier liegen auf der Ems, aus den Feldern steigen graue Nebel auf. Ja, und um die herbstliche Stimmung in Sustrum noch anmutiger zu arrangieren, erwähne ich auch, „kühler wehet der Wind“ (aus „Bunt sind schon die Wälder“ (Johann Gaudenz von Salis-Seewis)). Obwohl sich an diesem Morgen kein Lüftchen regt. Wir kehren zu Big B. zurück. Luna springt erwartungsfroh in den Wohnwagen und möchte wie gewohnt die Beste von allen begrüßen, doch dabei vergisst sie, dass wir an diesem Wochenende allein auf Reisen sind.

Am Vormittag drehen wir zwei größere „Runden durch die Gemeinde“. Wir haushalten mit unseren Kräften, denn wir haben auch noch eine Fahrradtour auf unserer To-Do-Liste. Wir wollen über Sustrum ein wenig in Richtung Niederlande radeln. Wir fahren bis Sustrum Moor, dort auf der Süd-Nord-Straße nach Hasselbrock und auf der Hasselbrocker Straße über Walchum zurück ins Emstal. In etwa legen wir 22,5 Km zurück. Über die dafür von uns benötigte Zeit schweige ich, da wir uns nicht für das Bremer Sechs-Tage-Rennen qualifizieren wollen. Nur so viel: E-Bike und Hundeanhänger harmonieren.
Wie es nicht anders zu erwarten war, sorgt Luna mal wieder für Aufmerksamkeit und Gekicher: Ihr Anblick, wenn sie „aristokratisch“ aus ihrem Lunamobil schaut, muss wohl sehr amüsant wirken. Sie genießt es. Ich auch.

Die letzte Nacht war sehr kurz, kalt und „benetzt“, d.h. alles war ein wenig feucht am Morgen. Und da wir am Sonntag noch am Vormittag starten wollen, packen wir unsere sieben Sachen bereits am Samstag um 18.00 Uhr zusammen. So müssen wir den orientalischen Vorzeltteppich, die schweren Wandbehänge, die zahlreichen Ölgemälde, Statuen, Skulpturen und die Lounge-Garnitur, die wir auch während eines nur kurzen Wochenendaufenthalts nie missen möchten, nicht „klamm“ verstauen.
Meine Ansprache aus der vorigen Nacht mag gewirkt haben. Luna verhält sich in der folgenden Nacht besonders ruhig. Sie verspürt kein Verlangen, etwa gegen 02.00 Uhr, einen kleinen Gang über den Campingplatz einlegen zu wollen und meldet sich erst gegen 07.00 Uhr. Das ist durchaus ok. Ich verlasse an diesem Morgen meinen mich immer wieder einholenden Albtraum aus einer Zeit da ich noch in Flecktarn und unter einem den Alkohol stark frequentierenden Kommandeur meinen Dienst versehen musste. – Den berauschten „Nachtmahr“ wurde ich los. Den immer wiederkehrenden Albtraum hoffentlich auch.

Das Frollein und ich drehen nach dem Frühstück noch einmal eine Runde entlang der Ems, packen ein, hängen Big B. an den Haken und verabschieden uns für wenige Tage aus dem Emstal, denn wir kommen wieder. – Aber dann mit der Besten von allen.