Am Sonntag, wenn keine oder kaum Lkw unterwegs sind, sind wir die Langsamen auf bundesdeutschen Autobahnen. Obwohl, wie erwähnt, nicht gerade geschwind, sind wir an diesen Tagen stets schneller am Ziel. Den Tempomat auf „großzügige 100 Km/h“ eingestellt, steigt zwar direkt proportional der Kraftstoffverbrauch zur benötigten Reisezeit, aber diese „kostspielige“ Tatsache nehmen wir in Kauf und brechen nach Güster (Schleswig-Holstein) an den Elbe-Lübeck-Kanal auf.

Um 11.30 Uhr stehen wir am Prüßsee, haben bereits eingecheckt und richten uns auf „unserem“ Platz ein. Big B. kennt das Spiel und spielt routiniert mit. Der „Trumatisator“ (Truma-Mover) bringt ihn problemlos in eine ideale Position. Den Kanal im Blick, das Tor zu diesem in angenehmer Entfernung und die Wasser- und Stromanschlüsse in unmittelbarer Nähe, sind wir schnell in Stellung und auch mental angekommen.

Mit der gleichzeitigen Installation von Sun- und Rain Blocker wenden wir heute eine List an, die die Güstersche Wetterlage vor ein Problem stellt. Ein kniffliges Problem: Sonne, Regen oder Sonnenregen? Die Atmosphäre ist anfänglich verwirrt, entscheidet sich dann aber spontan und angesichts unseres viermeterfünfzig breiten Sonnenschutzes bedenkenlos für heiter bis wolkigen Sonnenschein. – Gewonnen!

Wir eröffnen unseren in diesem Jahr bereits zweiten Besuch am Prüßsee mit dem obligatorischen und erweiterten Rundgang um das private Gewässer. Das Frollein ist in ihrem Element. „Leinen los!“ – „Oh, nein! Die schon wieder!“ Ein Raunen, eigentlich mehr ein enerviertes Aufstöhnen, geht durch die dicht bewachsene Uferböschung des Elbe-Lübeck-Kanals. Enten und Gänse sind „not amused“, Luna hingegen sehr damit beschäftigt, das Geflügel auf Vollzähligkeit und Reaktionsfähigkeit zu prüfen. Das sie dabei tierisch baden geht, gehört zum Spiel.


Zum Frühstück am Prüßsee gehören die Roggenbrötchen vom Bäcker unseres Vertrauens in Güster. Ich wiederhole mich, wenn ich behaupte, es sind die knackigsten und leckersten zwischen Sachsenwald und Lauenburg. Doch diese erneute Erwähnung haben sie verdient. Dazu gehört das Hamburger Abendblatt. Unabhängig. Überparteilich. „Mit der Heimat im Herzen, die Welt umfassen“ (Slogan des Abendblatts). Zum Frühstück das Abendblatt? Wann stehen die denn auf? Nein, das Blatt heißt so. Ein wenig die große weite Welt erlesen. Mal über den Zaun blicken und sich durch andere Kommentare und Glossen blättern als die seit langem vertrauten und manchmal nicht immer ganz so enthüllend-offenbarenden Artikel in der heimischen Presse zwischen Ems und Weser. – Nein, ich schreibe nicht: Nordwest-Zeitung.

Wir unternehmen viele Radtouren in die nähere und auch weitere Umgebung des Prüßsees. Luna natürlich immer dabei. Damit wir im „Gewimmel“ und in der Stadt konzentrierter fahren können, haben wir seit wenigen Monaten stets ihr „Lunamobil“ dabei. Praktisch ein Big B. für Kleine Münsterländer. Das Frollein überblickt dann die Verkehrssituation aus ihrem Cabrio und lässt sich chauffieren. Zwar läuft sie ausdauernd und führig neben dem Rad, aber hin und wieder tritt eben der Fall ein, dass es heißt: „Aufsitzen!“ (Im Bundeswehrjargon bedeutet dies: „Sehr geehrte Damen und Herren, bitte besteigen sie die Kraftfahrzeuge, nehmen Sie Ihre Plätze ein und schnallen Sie sich an.“) Ein auch noch so freundliches „Aufsitzen“, oft gepaart mit einem schmeichelnden „Hopp!“, kann Luna bisweilen nicht davon abhalten, zu schmollen. Eingerollt, den Blick entgegen unserer Fahrtrichtung gerichtet, pflegt sie ihren Groll und „redet“ längere Zeit nicht mit uns. – Aber: „Wir sind hier nicht bei „Wünsch-Dir-Was“, Madam.“

Gleich zu Beginn einer dieser Radtouren werden wir freudig von einem Paar, das auf einer Bank am Elbe-Lübeck-Kanal sitzt, begrüßt. Sie kommen aus unserer Nachbargemeinde Rastede. Wir kennen uns von gelegentlichen Begegnungen in usA (unserem schönen Ammerland). Die beiden haben sich in Mölln einquartiert und unternehmen von dort aus ihre täglichen Ausflüge. – Die Welt ist ein Dorf.

Es gibt da dieses Schloss in Wotersen, eine Perle barocker Baukunst. Die beste aller Ehefrauen muss dorthin. Mit dem Rad. Wie drücke ich mich vor diesen Ausflug in die Geschichte des Bauensembles, das während des Dreißigjährigen Krieges zerstört und wieder aufgebaut wurde? – „Nicht länger aufschiebbare Pflege-und Wartungsarbeitem am Caravan!“ – 33 Jahre Bundeswehr haben mein Repertoire an anerkannten Gründen für „Drückebergerei und Verzicht“ zu schier unendlicher Größe wachsen lassen. Heute behauptet die beste aller Ehefrauen, dass sie es mir bereits an der Nasenspitze angesehen habe, wie bedenkenlos ich das Schloss als Ausflugsziel übergangen habe. – „Hierzu, Euer Ehren, verweigere ich die Angaben zu dem mir zur Last gelegten Sachverhalt.“

Ein Aufenthalt in Güster ohne den Besuch der „Taverne Inos“ ist möglich, aber die falsche Entscheidung. Wir haben reserviert: Mittwoch um 18.30 Uhr. Und werden (natürlich) nicht enttäuscht. Vorspeise, Hauptgericht und die „Erfrischungsgetränke“: es passt wieder einmal alles. Luna liegt artig unter dem Tisch und beäugt aufmerksam die anderen vierbeinigen Gäste, die es dann doch nicht lassen können, sie deutlich-vernehmbar beeindrucken zu wollen. – Was stört es einen Kleinen Münsterländer, wenn …

„Lecker Eis“ aus der Eisdiele Bachmann in Büchen steht auf dem Programm. Nicht nur unsere Empfehlung, nein, ein „Muss“, wenn man auf „eisige“ Qualität zu moderaten Preisen nebst freundlichem und kompetentem Service steht.

Die knappen 11 Kilometer in die Lauenburger Straße bewältigen wir mit unseren Fahrrädern. Das Lunamobil im Schlepp. Nach sechs Kilometern am Elbe-Lübeck-Kanal pausieren wir an der Fähre bei Siebeneichen. „Bei Bedarf läuten!“ steht laut und deutlich auf einer Tafel, die diesen hilfreichen Hinweis unter einer „Schiffsglocke“ angebracht, verkündet. „Doch was nützt alles Läuten, wenn der Fährmann nicht erscheint?“, denkt sich ein entnervter Fahrgast und fährt von dannen. Wir sind nicht das erste Mal an der Fähre und haben noch nie einen Fahrgast übersetzen sehen. Vielleicht handelt es sich bei dem Fährschiff ja um eine historisch-nautische Gedenkstätte ohne Fährmann und Funktion? Die Vermutung liegt nahe.

Längst sind wir zurück am Prüßsee und beschließen, in Anbetracht der für den morgigen Tag angekündigten Wetterlage, die „schwedischen Gardinen“ zu wechseln. Der Sun Blocker soll dem Rain Blocker weichen. Schnell sind die „Thuleminatoren“ ausgetauscht. Beim Verpacken der bewährten Schutzeinrichtung vernachlässigen wir die allabendliche Foxtrott-Runde, die sich auf dem Rückweg nach Güster befindet. Jeden Tag spazieren vier Damen und Herren mit ihren Foxterriern am Kanal, unterhalten sich angeregt und bemerken dabei nicht, wie die Vierbeiner es sichtlich genießen, ihre Hundeführerinnen und -führer an der Leine herumzuführen. Heute wagt es einer der Terrier und wirft Luna, die auf ihrer Decke unter dem Tisch liegt, einen bösen Blick zu. „Gewagtes Spiel, junger Freund!“ In Lichtgeschwindigkeit steht Luna, ungerührt des Verhältnisses 4:1 am Zaun und bellt nach einer Drahtschere oder besser gleich einem Bolzenschneider. Diese kaltschnäuzige Bodenlosigkeit wird sie nicht dulden. Allgemeines Kampfgebell am Zaun, betretenes Schweigen und Fassungslosigkeit auf der Kanalseite der Umzäunung. Keine Chance die Sachlage aufzuklären. Pikiert zieht die Foxtrott-Truppe von dannen.

Das war nun tierisch genug, sollte man meinen. Nein, am Sanitärgebäude bedrängt dann noch ein Dalmatiner das angeleinte Frollein und auf dem Rückweg meint ein halbstarker Schoßhund, den „dicken Max“ spielen zu müssen. Das Herrchen ist ebenso füllig wie hilflos und gibt dem randalierenden Radaubruder immer noch mehr Leine. Luna ist bereits im Begriff ihre „Kampfhaltung“ einzunehmen und bevor sich der Plüsch-Rocker noch weiter mit seiner Endlosleine um die Beine seines unentschlossenen Herrchens wickelt, gebe ich diesem den freundlich-bestimmten Rat, seinen Hund endlich zurückzunehmen. Inzwischen reicht es nämlich auch mir.

23.48 Uhr. Unversehens entscheidet sich unsere opelanische Alarmanlage zu einem nicht angemeldeten Testlauf. Ein idealer Zeitpunkt. 12 Minuten vor Mitternacht, also, wenn jeder hellwach ist, kommt der nahe an der Schmerzgrenze stehende und alles andere als harmonische Sirenenklang sehr gelegen. Zum Glück tragen alle dieses „musikalische Zwischenspiel“ mit Fassung. Zumindest vernehme ich keine Proteste. Wie auch, beim diesem Lärm? Und weil´s so schön ist, dürfen wir ca. 20 Minuten später „Antaras kleiner Nachmusik“, deren Anlass wir nie erfahren werden, erneut erleben. Oder war es doch das Wildkaninchen, das zu dieser Stunde „finstere“ Unschuld heuchelnd hinter einem Busch saß? Ich bin plötzlich und immer mehr davon überzeugt, es verbarg einen Hydraulikwagenheber hinter seinem Rücken.

Das Kaninchen ist unschuldig. Es ist weit und breit nicht zu entdecken als in der darauffolgenden Nacht, die Uhr zeigt 03:38, „die kleine Nachtmusik“ abermals ertönt. Durchdringend und beharrlich hätte sie uns unterhalten, läge der Autoschlüssel nicht griffbereit unter meinem Kopfkissen. Ja, sie sind schlau, gewitzt und geistreich, die Ruhestandsbeamten im achten Ausbildungsjahr. „Klick“ und es herrscht „Ruhe im Karton“. Aber Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Kein Hase, kein Gesetzesbrecher, nix. Im Schein der Fahrzeuginnenbeleuchtung entdecke ich „Fliege, Mücke, Nachtfalter & Co.“ Sollten etwa sie die nächtliche Geräuschkulisse verursacht haben? Na, diesen Nachtschwärmern kann geholfen werden. Von unserem Ausflug nach Lauenburg bringen wir „NaturKraft MückenLos“ aus dem Hause Neudorff mit. Ich sage nur: „Pyrethrine“. Fliege, Mücke, Nachtfalter & Co. danach nichts mehr. Und die Alarmanlage? Warten wir´s ab. [Nachtrag: Sie waren die Urheber! Nach dem Neudorffschen Sprüheinsatz herrscht Ruhe.]
Ein Lunar Clubman SB rollt auf den Platz am Prüßsee. Noch nie gesehen, geschweige denn davon gehört. Ein britischer Caravan, den man auf den zweiten Blick eventuell an der auf der linken Seite gelegenen Eingangstür erkennt. Auf den dritten Blick bemerken wir die „Maxi Skyview“-Dachluke mit integrierter Beleuchtung. Wie ist das ohne Leiter möglich? – Googlen! – Die beiden Schweizer Eidgenossen, die mit diesem Gefährt neben uns „zelten“ sind auf dem Heimweg in den Kanton Aargau. Den Wohnwagen haben sie gemietet, werden ihn morgen in Güster abliefern und ohne „Anhängsel“ zügig in ihre „Bergwelt“ zurückkehren. Es ist schon aufschlussreich, was man auf Reisen erlebt und erfährt.

In der Lauenburger Altstadt ist was los. Vor lauter Autos, Radler und Besucher sieht man die historischen Häuser, würden sie nicht über die Köpfe und Autodächer hinausragen, kaum. Nach der Flut von 2013 hat sich einiges getan, viele Häuser sind bereits wiederhergerichtet, aber an manchen Ecken nagt auch der Zahn der Zeit. Flutmarken weisen auf die Höhe des damaligen Hochwassers hin und Tafeln an den Bauten berichten von längst vergangenen Zeiten am Lauenburger Elbufer. Wir essen ein „lecker Eis“ in der Altstadt und mir gelingen tatsächlich einige Fotos ohne unförmige Fahrradhelme, neonschillernd-schreiende Lycra-Radlertrikots und schwarzen „Stramplerhosen“, einem unfehlbaren Synonym, dass sich ein Mann in seiner tiefsten „Mittelleben-Umbruchphase“ befindet, sowie den vielerorts kreuz und quer geparkten Autos vor den Häusern.

Sonntag. Reisetag. Schnell die Roggenbrötchen vom Bäcker Heymer aus Güster besorgt und gleich eine große Tüte „Rundstücke“ für daheim gebunkert. Nach dem Frühstück geht es an den Abbau und das Verpacken. Komisch? Dafür dass wir vornehmlich auf das Reisen und nicht das Dauercampen aus- und eingerichtet sind, haben wir inzwischen einiges zum Verstauen. – Fritz Berger und Obelink sei dank!

Wieder einmal haben wir viel erlebt und noch mehr gesehen. So manches kam mir vor das Objektiv. Bis auf den Kormoran, die beiden Ringelnattern und den Fuchs, die alle zu schnell waren. Oder war ich zu langsam? Auf alle Fälle ist dies ein neuer und ernsthafter Grund für eine weitere Reise an den Elbe-Lübeck-Kanal.

Zum Schluss noch schnell die Big B.´sche „Ergänzungseinbauküche“ im mobilen Einsatz:
