Alle Jahre wieder

oder: Eine etwas andere Weihnachtsfeier

Alle Jahre wieder: Jahresabschlussfeier. Termine werden abgesprochen, Ehemalige eingeladen, das (Truppen-)Küchenpersonal „bei Laune gehalten“, Dekorationsmaterial besorgt und dann decken wir „mal eben schnell“ die Tische für die erwartete 80 bis 90 Köpfe zählende Gesellschaft ein.

Weiße Tischdecken werden ausgerollt, Tannengrün auf den Tischen drapiert und einige Süßigkeiten locker über die Tafel verteilt. Ein festliches Menü, das in demokratischer Wahl ausgewählt wurde, köchelt dem Ende seiner Garzeit entgegen. Der Chef hält seine obligatorische Weihnachtsansprache, Förmliche Anerkennungen und Bestpreise werden verteilt, das Essen serviert und irgendwann begibt sich die illustre Gesellschaft in die weihnachtlich geschmückte Staffelbar, um hier bei geistigen Getränken, alkoholfreien Erfrischungen und einer frisch gezapften Hopfenkaltschale die Räuberpistolen aus dem täglichen Dienstbetrieb und von den zahllosen Einsatz- und Verlegeübungen des nun fast vergangenen Jahres zum Besten zu geben.

Nach dem 2., 3., 4. Charly oder dem einen und anderem Bier setzen sie ebenfalls ein, diese „Was-ich-schon-immer-einmal-sagen-wollte-Gespräche“. – So läuft es jedes Jahr.

Ich erwähnte es bereits: das auch in diesem Jahr einmal mehr gelungene Weihnachtsessen ist beendet, „Orden und Ehrenzeichen“ sind vergeben, Sonderurlaub und Bestpreise an den Mann (und die Frau) gebracht. „Der Tross“ setzt sich in Bewegung. Ziel: der „Absacker“ in der Staffelbar.

Als verantwortungsvoller Organisator der Jahresabschlussfeier „mache ich mir einen Kopf“, um fast alle Eventualitäten und beschaffe natürlich auch Getränke, Knabbereien und „Leckerlis“ beim Heimbetriebleiter (HBL) der Liegenschaft. So ist es vorgeschrieben. Nicht allein die umfangreiche Vorschriftenlage, nein, auch der Anstand und Takt gebieten eine Bestellung beim HBL. Also, schnell die flüssigen Waren aus der Kühlung geholt, flugs auf einen Rollwagen geladen und mit Hilfe der stets unaufgeforderten Helfer, ab damit ins „Zentrum der Weihnachtsfeier“.

In eine verlassene Staffelbar. In verwaiste Räumlichkeiten. Kein Mensch ist da! Wo steckt „die Bande“? Die wollen mich „auf den Arm nehmen“, oder? Nein, tatsächlich, keiner ist mehr auffindbar und an diesem Abend wird auch niemand mehr eintreffen. – „Dies ist die Nacht, da mir erschienen“ [Ein Weihnachtslied von Kaspar Friedrich Nachtenhöfer (1684)]

Was ist geschehen? – Später erfahre ich meines Rätsels Lösung: die informellen Führer, die bevorzugt „aus der zweiten Reihe schießen“ und sich sofort „verdünnisieren“, wenn es heikel wird, entdecken zwei einsam abgestellte Kisten Bier unter dem Tresen. In ihrer unendlichen Einfältigkeit wird diese Erkenntnis sofort und lauthals verkündet. – „Was, zwei lauwarme Kisten Bier für eine Jahresabschlussfeier und 85 durstige Heldinnen und Helden? Ein Ding der Unmöglichkeit! Ja, eine Frechheit! Sofortiger Rückzug!“ – „Der Feind steht im eigenen Lager.“ (Karl Liebknecht (1871 – 1919))

Tatsächlich schaffen es diese charakterlosen Agitatoren und „Brunnenvergifter“, die Weihnachtsfeier zu sprengen. Meine verlässlichen Helfer und ich bringen dem Heimbetriebsleiter die georderten Waren zurück, trinken bei ihm ein frisch gezapftes Pils und zur „Verdauung“ einen Magenbitter a posteriori. Wir verabschieden uns und tags darauf erfahre ich, dass die „wahre Jahresabschlussfeier“ an diesem Abend in Halle 13 zelebriert worden war.

Ich verzichte darauf, über Kameradschaft, Eintracht, Gemeinschaft und Loyalität zu philosophieren. – „O, du fröhliche, o, du selige …“